Salzburger Nachrichten

Wie baut man die perfekte Sandburg?

Über das Rezept, wie man eine perfekte Anlage baut, haben sich schon unzählige Kinder, Väter und Forscher den Kopf zerbrochen. Es geht darum, das Gebilde stabil hinzukrieg­en. Wie das geht, verraten jetzt britische Wissenscha­fter.

- Stephan Herminghau­s, Forscher

Das Geheimnis der perfekten Sandburg kennt Matthew Bennett von der Bournemout­hUniversit­ät in England: „Mit dem richtigen Mischungsv­erhältnis von Sand und Wasser steht und fällt die gesamte Burg.“Für die ideale SandWasser-Mixtur hat der Geografiep­rofessor sogar eine Formel erarbeitet: WM = 0,125 x SM, wobei WM für die benötigte Wassermeng­e steht und SM für die ideale Sandmenge. Nur in dieser speziellen Zusammense­tzung von einem Teil Wasser und acht Teilen Sand können sich Bennett zufolge die sogenannte­n Kapillarbr­ücken in idealer Weise bilden, die die einzelnen Sandkörner verbinden und somit die gesamte Burg zusammenha­lten. Gewisse Abweichung­en sind allerdings durchaus möglich, ohne dass die Burg gleich komplett zusammenfä­llt. Es hat sich in zahlreiche­n Versuchen der Wissenscha­fter gezeigt, dass bei weniger als zwei Prozent Wasserante­il keine ausreichen­de Anzahl dieser Brücken entsteht und der Sand somit nicht zum Bauen geeignet ist. Anderersei­ts werden die Burgen instabil und beginnen im wahrsten Sinne des Wortes zu zerfließen, wenn der Wasserante­il mehr als 20 Prozent beträgt.

Stephan Herminghau­s, Direktor des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorga­nisation in Göttingen, kennt aber noch ein paar Tricks, die der Stabilität zugutekomm­en: „Je schmutzige­r das Wasser ist, desto stabiler wird die Sandburg.“Warum das so ist, sagt der Experte für Strömungsf­orschung auch: „Das Meerwasser lässt beim Eintrockne­n Krusten aus Salz und Algen zurück, die die Kontaktste­llen der Körner gut verkleben.“Profession­elle Sandskulpt­urenkünstl­er mogeln in dieser Hinsicht ein bisschen, indem sie eine spezielle eiweißhalt­ige Mixtur auf ihre Sandskulpt­uren sprühen, die den gleichen klebrigen Effekt hat.

Lucinda Wierenga, eine US-amerikanis­che Expertin für den Sandburgen­bau, hat einen Tipp parat, wie auch Otto Normalsand­burgenbaue­r herausfind­en kann, ob sich der Sand zum Bau eignet oder ob das Sand-Wasser-Gemisch ideal ist: „Formen Sie eine Kugel, etwa so groß wie ein Schneeball, und werfen Sie diese vorsichtig von Hand zu Hand. Es sollten möglichst keine Risse entstehen oder sogar Teile abfallen.“Die Experten wissen natürlich auch, dass es zum Sandburgen­bauen besseren Sand gibt als den, den man am Meeresstra­nd findet, denn dieser ist von den Gezeiten rundgewasc­hen. Wer etwa an einem See oder Fluss Urlaub macht, kann Glück haben, dass er sehr viel scharfkant­igeren Sand erwischt, der zudem noch mit Lehm oder Kalk angereiche­rt ist. Scharfkant­igere Körner verzahnen sich natürlich besser ineinander als rundere. Lehm und Kalk hingegen kitten die einzelnen Körner zudem noch zusammen. Carver, wie sich die profession­ellen Sandskulpt­urenkünstl­er nennen, benutzen aus diesem Grund übrigens zumeist Flusssand oder auch welchen aus Sandgruben. Anderersei­ts sind aber Sand und Wasser und deren Bestandtei­le nicht alles. Auch ein gutes Fundament kann gerade bei größeren Burgen Wunder wirken. Hierzu wird ein kleiner runder Wall um den geplanten Standort herum aufgeschüt­tet und dann mit Wasser befüllt. „Der Vorteil dieser Methode ist“, sagt Lucinda Wierenga, „dass das Wasser nicht einfach ablaufen kann, sondern in den Boden sickern muss, wo es ja auch für das Fundament gebraucht wird.“

Nachdem das Wasser versickert ist, wird mit den Füßen gestampft, bis ein tragfestes Fundament entsteht. Gegebenenf­alls muss Wasser oder auch trockener Sand nachgefüll­t werden. Überhaupt ist das Komprimier­en oder Stampfen überaus wichtig, wenn es um die Haltbarkei­t geht, was nicht nur die Carver wissen, die dazu sogar Baumaschin­en wie Rüttler zu Hilfe nehmen. Wer besonders stabil bauen möchte und nicht gleich dicke Holzbrette­r an den Strand schleppen will, um sich damit Stampfkist­en selbst zu bauen, der verwendet ganz einfach Eimer. In einem Eimer lässt sich das Sand-Wasser-Gemisch sehr effektiv mischen und stampfen. Wichtig ist, bei all diesen Baumaßnahm­en darauf zu achten, nicht zu viel Wasser zu verwenden, denn dann zerfließt die Burg schnell. Hat man hingegen zu wenig

„Je schmutzige­r das Wasser ist, desto stabiler ist die Burg.“

Wasser verwendet, kann dieses noch nachträgli­ch hinzugefüg­t werden, und zwar mit einer Gießkanne oder noch gezielter mit einem Blumensprü­her. Die einzige Ausnahme ist die sogenannte Tröpfelmet­hode, bei der sehr nasser Sand (Schlick) durch die Finger tröpfeln gelassen wird, um Häufchen oder Türme zu bilden. Das geht einfach und macht vor allem kleinen Kindern großen Spaß. Sehr hohe Türme und Burgen lassen sich so allerdings nicht bauen, denn die Tröpfelgeb­ilde sind doch aufgrund ihres hohen Wassergeha­lts sehr instabil und zerfließen leicht. Der wichtigste Tipp aber kommt zum Schluss und darin sind sich übrigens alle Experten einig: Der künftige Sandschlos­sbesitzer darf nicht zu verbissen an die Sache herangehen, denn das Sandburgen­bauen soll Spaß machen.

 ?? BILD: SN/APA/ARNE DEDERT/DPA ?? Das ist Kunst: Der niederländ­ische Bildhauer Martijn Smits baut die Burg Eppstein in Oberursel, Deutschlan­d, aus Sand nach.
BILD: SN/APA/ARNE DEDERT/DPA Das ist Kunst: Der niederländ­ische Bildhauer Martijn Smits baut die Burg Eppstein in Oberursel, Deutschlan­d, aus Sand nach.
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