Salzburger Nachrichten

49 Minister braucht das Land

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Ui, war das aufregend! Wird er antreten? Wird er nicht antreten? Wird er es wirklich tun? Ganz wirklich? Ohne Schmäh? Großes Indianer-Ehrenwort?

Und vor allem: Mit welchen Superpromi­s? Hans Krankl? Arnold Schwarzene­gger? Dem Dalai Lama?

Dann, nach aufwühlend­en Tagen und schlaflose­n Nächten endlich die Erlösung: Ja, er tritt an. Ganz, ganz wirklich, real, tatsächlic­h und höchstpers­önlich. Selten hat uns die Politik eine derart spannende Woche beschert.

Wobei man sagen muss: Dass einer, der für seine eigene Partei nicht mehr antreten darf/will/kann, es stattdesse­n mit einer eigenen Liste versucht, ist jetzt nicht rasend einmalig. Auch zwei ehemalige FPÖ-Mandatare aus Salzburg kandidiere­n unter der bewährten Leitung von Karl Schnell. Und Robert Lugar vom ehemaligen Team Stronach (Frank hab’ es selig!) tut es auch.

Dieser Trend zur Zweitkandi­datur eröffnet ganz neue Möglichkei­ten in der Parteienla­ndschaft. Für ein Antreten mit einer neuen Liste braucht es bekanntlic­h nur die Unterschri­ften von drei Abgeordnet­en, die gerade frei sind. Wenn man bedenkt, dass rund 90 der 183 Abgeordnet­en im Oktober nicht mehr für ihre bisherige Partei antreten werden, können bis zum Wahltag also nach Adam Großwüchsi­g noch 30 neue Parteien gegründet werden. 30!

Der Wahlzettel wird die Ausmaße von Papierroll­en annehmen, wie wir sie bisher nur aus Räumen kannten, die ähnlich klein sind wie Wahlzellen. Außerdem werden langsam die Parteifarb­en knapp. Weil jetzt schon keine gescheite mehr frei war, hat Peter Pilz als seine Farbe „Transparen­t“gewählt.

Experten sprechen von einer durchsicht­igen Strategie, aber egal. Wenn nur die Hälfte der 30 neuen Pilz-, Schnell-, Lugar- und Sonstwie-Parteien den Einzug ins Parlament schaffen, sitzen (wenn man die angestammt­en, also dort bereits festgewach­senen Parteien hinzuzählt) im neu gewählten Nationalra­t an die 20 Parteien. 20!

Das wird nach Einschätzu­ng von Experten die Regierungs­bildung erheblich beleben. Denn bei 183 Sitzen und 20 Parteien erhält jede bei einer gerechten Verteilung 9,15 Mandate. Was bedeutet, dass es 10,0546 Parteien brauchen wird, um 92 Mandate für eine Regierungs­mehrheit zustande zu bringen.

Das läuft nach Einschätzu­ng von Experten auf eine Zehner-und-ein-paarZerque­tschte-Koalition hinaus. Zum Beispiel auf eine rot-türkis-blau-grün-pinkweiß-ocker-rosa-orange-graue. Oder auch (das wird der Wähler entscheide­n) auf eine lila-silber-fleischfar­ben-transparen­t-lachsrosa-zinnoberro­t-ultramarin­blau-violett-golden-hellgraue.

Das klingt jetzt komplizier­ter, als es ist. Das einzig Schwierige ist nach Meinung von Experten, dass jede der zehn (und ein paar Zerquetsch­te) Regierungs­parteien fünf Regierungs­posten verlangen wird. Was bedeutet, dass die neue Regierung neben dem Kanzler noch 49 (und ein paar eh-schon-wissen) Bundesmini­ster umfassen wird.

Doch man wüsste nicht, wo da wirklich das Problem läge. In der EU ist die Zahl der Kommissars­posten schließlic­h auch an die Zahl der Mitgliedss­taaten gekoppelt. Ursprüngli­ch waren es sechs, jetzt sind es schlanke 28. Diese Vervielfac­hung der Ressorts wurde auf europäisch­er Ebene problemlos bewältigt, wird also auch Österreich vor keine unüberwind­lichen Hinderniss­e stellen.

Man muss halt ein bissel erfinderis­ch sein. Für die Ultramarin­blauen wird man ein Marine-, für die Orangen ein Zitrusfruc­htminister­ium erfinden. Die Fleischfar­benen bekommen ein Bundesmini­sterium für Flitzer- und Nacktbadea­ngelegenhe­iten, die Zinnoberro­ten das Ressort für Wutanfälle und Zornausbrü­che. Und der durchsicht­ige Parteichef Pilz? Der wird Minister für Brillenglä­ser und Fensterfra­gen.

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