Der Start von Start-ups
Start-ups soll die Zukunft gehören. Doch wer ebnet diese Zukunft? Wie man sich in Salzburg zum innovativen Jungunternehmer ausbilden lassen kann.
In Berlin wird im Schnitt alle 20 Stunden ein Start-up gegründet. In Tel Aviv finden sich auf einem Quadratkilometer rund 28 innovative Jungunternehmen. Und vom Silicon Valley aus machen sich „Teenage Giants“wie Google oder Facebook schon seit Längerem daran, die Welt auf den Kopf zu stellen. Es gibt wohl keinen Trend, der die wirtschaftliche Großwetterlage in den vergangenen Jahren derart stark beeinflusst hat wie Start-ups. Dennoch steckt die Start-up-Ausbildung noch immer in den Kinderschuhen – vor allem in Europa. Wie lernt man, erfolgreich ein innovatives Jungunternehmen zu gründen und später zu führen? Nachdem es jahrelang kaum einschlägige Angebote gab, ziehen nun Salzburger Bildungseinrichtungen immer stärker nach.
Doch was macht ein Start-up überhaupt aus? „Es muss eine Innovation dahinterstehen, die es auch über geografische Grenzen hinaus so noch nicht gegeben hat. Und das Geschäftsmodell muss skalierbar sein“, erläutert Natasa Deutinger. Deutinger ist die Start-up-Campus-Managerin an der FH Salzburg. Die Fachhochschule war eine der ersten Bildungseinrichtungen im Bundesland, die sich das Thema groß auf die Fahnen geschrieben haben. Der doch anders gelagerte Geschäftsansatz von Start-ups verlange auch andere Zugänge in Sachen Ausbildung. Deshalb gebe es an der FH neben dem jungen, berufsbegleitenden Bachelor-Studiengang KMU-Management & Entrepreneurship, bei dem sich Studenten vordergründig mit Unternehmensgründung auseinandersetzen, noch das von Deutinger geleitete Start-up-Center. „Mich dürfen die Studenten freiwillig dazu buchen“, sagt Deutinger mit einem Augenzwinkern. Sie sei eine „außercurriculare Servicestelle“, die Studierenden, aber auch Alumni als Coach und Ratgeber dienen soll. „Ich sehe mich selbst als Sparringpartnerin – und als Brückenbauerin zu ,Startup Salzburg‘.“In der Initiative engagieren sich neben der FH unter anderem noch Land und Wirtschaftskammer Salzburg, die Paris-LodronUniversität, die Paracelsus Medizinische Privatuniversität und die Innovations- und Technologietransfer Salzburg GmbH, kurz ITG. Ziel der Zusammenarbeit sei es, „Salzburg zur wichtigsten Start-up-Region Österreichs“zu machen. Und solch ein Ziel sei nur über einen starken Ausbildungsfokus umsetzbar, ergänzt Deutinger. Auch deshalb arbeitet die FH-Mitarbeiterin mit ihren Schützlingen, aktuell 50 bis 60, über mehrere Phasen hinweg zusammen – von der Suche nach einem Geschäftsmodell bis hin zur konkreten Ideenumsetzung. In Phase zwei des Prozesses kommt der erste Kooperationspartner von „Startup Salzburg“ins Spiel: Gemeinsam mit der Uni Salzburg werden sogenannte Entrepreneurship ABCs angeboten, eine außercurriculare Workshop-Reihe, bei der Coaches den innovativen Jungunternehmern Basiskompetenzen an die Hand geben. „Es ist wichtig, dass der Entrepreneurship-Gedanke bei Studenten und bei wissenschaftlichen Mitarbeitern implementiert wird“, sagt Alexandra Wagner, die die „Entrepreneurship ABCs“mitveranstaltet. Wagner ist die Start-up-Verantwortliche an der Uni Salzburg.
An Salzburgs größter Hochschule wird seit Oktober 2016 auch die sogenannte PLUS.Startup School geboten. Dabei bekommen sämtliche Uni-Salzburg-Studenten Zugang zu Lehrveranstaltungen, die sich mit den Themen Unternehmensgründung und Geschäftsführung auseinandersetzen. „Die Startup School läuft parallel zum Studium. Die Studenten kriegen aber ECTS dafür und werden schlussendlich entsprechend zertifiziert“, erläutert Wagner. Einen vergleichbaren Ansatz bietet auch die FH Salzburg im Zuge der interdisziplinären Studienergänzung „fhstartify“.
Und wo haben Salzburger Start-ups nun besonderen Nachholbedarf? Laut Alexandra Wagner müsse man potenziellen Jungunternehmern oft erst beibringen, dass es Spaß macht, Ideen zu entwickeln. Auch die Angst vor Fehlern müsse kleiner werden. „Und man muss die systematische Herangehensweise lernen. Wenn ich da eine Idee und da einen Markt habe, muss ich wissen, wie ich bedarfs- und kundenorientiert denke.“Start-up-Campus-Managerin Deutinger mahnt ebenso an, dass „Start-uper“lernen müssen, über den Tellerrand hinauszuschauen: „Wer ein Unternehmen gründet, wird Unternehmer – und bleibt nicht etwa nur noch Programmierer.“Und Deutinger ergänzt: „Es braucht eine gewisse Reife, um in der Start-up-Welt überleben zu können.“
In diese Kerbe schlägt auch der Grödiger Andreas Spechtler. Der frühere Präsident von Dolby International lädt zwischen 25. und 30. August zu Europas erster internationaler Akademie für Start-ups ins Schloss Urstein. Die „Start-up Executive Academy“(SEA), die in Zukunft jährlich stattfinden soll, richtet sich explizit an Unternehmensgründer in einer frühen Phase. „Wie platziere ich mich in der Welt? Welche Risiken sollte ich vermeiden? Lege ich mich mit dem Konkurrenten jetzt oder erst in einem Jahr an? Das werden einige der Fragen sein, die wir behandeln“, beschreibt Spechtler. Bislang sind rund 20 innovative Jungunternehmen angemeldet, unter anderem aus Deutschland, den Niederlanden, Jordanien – und auch zwei Salzburger Start-ups. Zum einen die Augmented-Reality-Spezialisten von Wikitude, zum anderen Authentic Vision. Das Salzburger Start-up, das eine Lösung entwickelt hat, um Produkte fälschungssicher zu machen, ist eines der Jungunternehmen, das durch Natasa Deutingers FH-Schmiede geformt wurde. Die Fachhochschule Salzburg und die Business School der Universität Salzburg (SMBS) sind Kooperationspartner der SEA.
Freilich sei die Wiege vieler Silicon-Valley-Start-ups, die Elite-Uni Stanford, ein Vorbild, sagt Spechtler. Bei der SEA werden auch Stanford-Professoren unterrichten. „Wir sind aber kein Stanford-Klon“, betont der Initiator. „Wir sind wesentlich praxisorientierter.“Noch gebe es „wenige“freie Plätze für die sechs Tage dauernde Fortbildung. Die Teilnahmegebühr liegt bei 6600 Euro.
Doch wieso sucht man sich für eine Startup-Executive-Akademie Salzburg aus? „Eigentlich ist es egal, wo man es aufzieht“, beschreibt Spechtler. Aber Salzburg biete schon einige Vorteile. „Vor allem in der Festspielzeit reist jeder gerne nach Salzburg.“Und auch Spechtler ist der Meinung, dass Start-up-Chefs ohne Ausbildung nur schwer wirtschaftlich überleben können. Die Führung sei derart vielseitig, dass man „einfach nicht alles wissen kann“.
Und was könnte in Sachen Start-up-Ausbildung noch besser gemacht werden? Deutinger sieht vor allem „im Internationalisierungsbereich, bei der großen Skalierung“Nachholbedarf. Alexandra Wagner würde sich wünschen, dass es für Studenten einfacher wird, gleichzeitig zu gründen und zu studieren. „Ab und an ist das Korsett schlicht zu eng angesetzt. Da könnte es mit Sicherheit noch weitere Modelle geben.“
„Es braucht eine gewisse Reife, um als Start-up überleben zu können.“
Natasa Deutinger, FH Salzburg