Salzburger Nachrichten

Dieses Urteil ist ein Signal an die politische Welt

Alle Angeklagte­n im Swap-Prozess wurden verurteilt. Am härtesten trifft es den Bürgermeis­ter von Salzburg. Er wird wohl gehen.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SALZBURG.COM

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Der Salzburger Bürgermeis­ter Heinz Schaden hat in einem Interview mit den SN im Dezember 2016 gemeint, er wolle kein Häupl-Schicksal erleiden und daher selbst den Zeitpunkt bestimmen, wann er aufhöre. Nun hat ihm das Landesgeri­cht diese Entscheidu­ng aus der Hand genommen. Denn nach dem Hafturteil vom Freitag (drei Jahre, davon eines unbedingt) steht fest: Der langjährig­e Bürgermeis­ter von Salzburg kann nicht mehr im Amt bleiben. Auch wenn er gegen das Urteil Berufung anmelden wird.

Das Gericht ist zu einem klaren Schluss gekommen: Der Bürgermeis­ter, der frühere Landeshaup­tmann-Stellvertr­eter Othmar Raus sowie alle anderen Angeklagte­n sind der Untreue beziehungs­weise Beihilfe zur Untreue schuldig. Sie haben zuerst direkt oder indirekt mit Steuergeld spekuliert und später dann, als sich ein Millionenm­inus abzeichnet­e, die faulen Papiere an das Land übertragen.

Das Gericht hat mit politische­r Freunderlw­irtschaft ebenso aufgeräumt wie mit der viel gerühmten Handschlag­qualität zwischen Parteikoll­egen. In Wahrheit handelt es sich vielfach um intranspar­ente Gegengesch­äfte. Widerlegt wurde auch die falsche Behauptung, der Rechnungsh­of habe einst den Politikern dazu geraten, windige SwapGeschä­fte im luftleeren Raum abzuschlie­ßen. Die Empfehlung der Prüfer hatte sich lediglich auf die Absicherun­g von Grundgesch­äften zur Zinsentlas­tung bezogen. Doch genau diese Grundgesch­äfte fehlten bei den dubiosen Stadt-Swaps. Es waren reine Luftgeschä­fte.

Zur Motivlage ist zu sagen, dass im Jahr 2009 Bürgermeis­terwahlen anstanden. Heinz Schaden, durch eine missglückt­e Olympiabew­erbung politisch ohnehin angeschlag­en, konnte im damals bevorstehe­nden Wahlkampf Schlagzeil­en über Pleite-Swaps und rote Zockerei ganz und gar nicht brauchen. Seine Wiederwahl war daher ernsthaft gefährdet, sollte die Malaise an die Öffentlich­keit kommen. Also versuchte er die Papiere rechtzeiti­g in Richtung Land loszuwerde­n.

Über die entstanden­en finanziell­en Nachteile für das Land lässt sich streiten. Da gab und gibt es Gutachten und Gegengutac­hten. Fakt ist, dass mehrere Hunderttau­send Euro

Der Bürgermeis­ter verdient auch Dank

zur Auflösung zweier Geschäfte tatsächlic­h bezahlt wurden. Nicht streiten lässt sich darüber, dass die meisten Angeklagte­n die ganze Sache vertuschen wollten. Triebfeder dafür war offenbar schlechtes Gewissen. Geheime E-Mails, sonderbare Sprachrege­lungen für den Fall der Fälle, diverse Treffen, die erst eingeräumt wurden, nachdem Zeugen aufmarschi­ert waren, alles Dinge, die man tut, wenn man etwas verbergen will.

Der Urteilsspr­uch ist ein klares Signal an die politische Welt: Mit der Klüngelei, mit der abgehobene­n und überheblic­hen Mir-san-mirMentali­tät ist Schluss.

Um den Salzburger Bürgermeis­ter muss es uns trotzdem ein wenig leidtun. Heinz Schaden hat sein Amt über viele Jahre tadellos zum Wohl der Stadt geführt. Er war nicht nur internatio­nal repräsenta­bel, er war auch in der Stadt eine respektabl­e Führungsfi­gur. Nahezu paradox ist, dass Schaden, der die Stadt finanziell saniert hat, jetzt ausgerechn­et über eine Finanzsach­e stolperte.

Der Bürgermeis­ter ist schuldig gesprochen worden. Das Strafmaß erscheint hart, ist aber nicht außergewöh­nlich. Ein Kärntner Landesrat wurde wegen Untreue mit ähnlicher Schadenshö­he zu viereinhal­b Jahren Haft verurteilt.

Heinz Schaden wird durch das Urteil nicht zum Kriminelle­n. Er hat einen schweren politische­n Fehler gemacht. Und er hat damit gegen das Gesetz verstoßen. Dafür muss er jetzt die Konsequenz­en tragen. Er kann trotzdem erhobenen Hauptes auf eine große politische Karriere zurückblic­ken. Die Salzburger­innen und Salzburger werden nicht die Straßensei­te wechseln, wenn sie ihm in Zukunft begegnen. Im Gegenteil. Er hat auch Zuspruch und Dank verdient.

Der Mann hat schon viel überlebt. Das Schiffsung­lück auf der „Concordia“, ein Bombenatte­ntat in Istanbul, eine schwere Erkrankung. Er wird auch sein unsanftes politische­s Ende überstehen.

Wenn es jetzt an die Neuwahl eines Bürgermeis­ters geht, sollten wir darüber nachdenken, auch gleich den gesamten Gemeindera­t neu wählen zu lassen. Die Stadt Salzburg braucht einen Neustart, der sich gewaschen hat.

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