Talent allein reicht nicht
In Salzburg geben sich gerade die Weltstars ein Stelldichein. Doch um so weit zu kommen, braucht es nicht bloß Talent. Marketing in eigener Sache ist ebenso wichtig wie der Drang ins Scheinwerferlicht. Die klassischen Grundprinzipien der Karriereplanung s
Hand aufs Herz: Viele Stars aus dem Bereich der Kunst kennen die Menschen nur aus den Medien. Wer hat Anna Netrebko schon live singen gehört? Und wer kann ihre sängerischen Qualitäten wirklich beurteilen? Ähnlich verhält es sich auch bei anderen Künstlern, seien es Weltstars oder lokale Berühmtheiten. Und das gilt nicht nur für die Musik und das Schauspiel, sondern auch für die bildende Kunst. „Egal, welche Musik- oder Kunstkarriere man sich ansieht. Meist war neben dem talentierten Künstler auch immer ein zweiter Part involviert, der die Marketingmaschinerie in Gang hielt“, erklärt Alois Gmeiner, selbsternannter „Werbetherapeut“aus Wien: „Bei Mozart war es sein Vater, bei Musikern sind es geschäftstüchtige Manager, bei Künstlern sind es Galeristen, die ihre Schützlinge immer wieder ins Rampenlicht befördern.“
Das ist an sich noch nicht überraschend, ist es doch gerade für Künstler hilfreich, wenn sie sich ganz ihrer Kunst widmen und alles andere einem Partner überlassen können. Allerdings: Nicht jeder ist in der Situation, auf Agenten, Galeristen etc. setzen zu können. Dann heißt es, selbst aktiv zu werden, und das geht oft genug daneben.
Gmeiner: „Die meisten Künstler haben ein Hauptproblem. Sie sind zu schüchtern, wenn es um die Eigenvermarktung geht. Aber Fakt ist: Frechheit siegt. Denn schlussendlich kann nur durch auffällige Publizität ein Künstler am Beginn seiner Karriere überhaupt bekannt werden.“Aktionismus sei daher eines der Erfolgsprinzipien für eine lange Karriere, neben dem zwingend notwendigen Talent.
Der erste Schritt ist für den „Werbetherapeuten“daher, den eigenen künstlerischen Status quo festzustellen. Gmeiner rät allen Freiberuflern, einen „Werbecheck“zu machen. Dadurch erhält jede Band, jeder Künstler oder Autor Feedback etwa auf seine Findbarkeit bei Google, auf die eigene Webpräsenz und kann sich danach Tipps für den sofortigen Push der Bekanntheit durch geeignete PR- und Werbeaktionen holen. Gmeiner hat zur besseren Anschaulichkeit zehn der schlimmsten MarketingTodsünden von Künstlern und Musikern aufgelistet.
1. Talent setzt sich immer durch
„Quatsch“, sagt Gmeiner: „Man muss schon was tun dafür.“Die Welt sei leider voll von talentierten, aber erfolglosen Künstlern. Mut, Ideen, Marketing und auch der Zufall machen aus einem Talent einen Star.
2. Karriereplan? Nein, hab ich nicht!
Wer nicht weiß, wohin er will, kann dort auch niemals ankommen. „Überlege also und brainstorme oder mach ein Coaching mit einer fremden Person: Was will ich? Wohin will ich? Was muss ich dafür tun?“, rät der Experte.
3. Verkaufen? Muss ich mich nicht!
Gerade ein Künstler tut eigentlich nichts anderes, als sich und sein Können ständig zu präsentieren. In der Werbung und in der Presse. „Wer weiß, wie ein Verkaufsprozess funktioniert, hat alle Fäden in der Hand. Gerade online ist heute sehr viel möglich“, betont Gmeiner.
4. Anders sein? Dafür bin ich zu schüchtern!
Auch Michael Jackson und viele andere Künstler waren und sind schüchtern, aber auf der Bühne oder wenn es um die Promotion oder Präsentation der eigenen Kunst geht, da werden sie alle zur „Rampensau“. Aktuelles Beispiel ist für Gmeiner die Promotion zu einem Boxkampf zwischen Floyd Mayweather und Conor McGregor, die eine perfekte Show für die Fans liefern. „Da hat Schüchternheit keinen Platz.“
5. Auffallen? Will ich nicht!
„Sorry, aber dann ist Künstler oder Musiker der falsche Beruf! Anders sein ist Pflicht! Je mehr, desto besser.“Gmeiner nennt in diesem Zusammenhang Kiss, Lady Gaga, Elton John, Marilyn Manson und natürlich Conchita Wurst.
6. Presse? Die kommt doch sowieso zu mir!
„Falsch“, warnt Gmeiner: „All die gefallenen Superstars, für die sich kein Mensch mehr interessiert, legen Zeugnis dafür ab, dass es eben nicht so ist.“Der Künstler müsse der Presse liefern, immer und immer wieder. Wer das vergisst, der wird vergessen. Künstler müssen die Werbetrommel rühren und der Presse Storys liefern.
7. Werbung? Brauche ich nicht!
„Mach Werbung für dich, wo du sie kriegen kannst. Je mehr, desto besser.“Auch Social Media, über Online-PR und mit klassischen Plakaten für Events.
8. Geld für Werbung? Wozu soll das dienen?
Gerade am Beginn einer Karriere hilft es nichts: Man ist gefordert, muss etwas tun. Denn sonst macht es keiner für den Künstler. „Nimm Geld in die Hand und mach durch Werbung auf dich aufmerksam“, lautet der Ratschlag des Experten.
9. Superstar? Sofort und gleich!
Einige wenige YouTube-Stars und One-HitWonder sind vielleicht die Ausnahme. Aber auch die sind erst durch Dutzende und teilweise Hunderte Videos und Versuche berühmt geworden. Alle anderen Karrieren sind ein „Work in Progress“und das geht eben nur Schritt für Schritt. „Besonders wichtig: Lass dich nicht von Oma und Opa und den eigenen Freunden einschätzen und bewerten, denn die finden alles toll und grandios, was du machst“, weiß Gmeiner. „Erst wenn möglichst viele echte Besucher, Käufer, Zuhörer deine Kunst gut finden, dann kannst du den nächsten Schritt angehen.“
10 Little Places? Big Citys!
Nicht umsonst werden die großen Hallen in den größten Städten nur von den bekanntesten Künstlern gebucht. Mithilfe einiger Tipps lässt sich auch mit Auftritten in Little Places sehr gut leben, um den Weg auf die ganz großen Bühnen vorzubereiten.