Salzburger Nachrichten

Haftstrafe: Heinz Schaden steht vor dem Rücktritt

Sieben Angeklagte, sieben Schuldsprü­che: Der Swap-Prozess endete durchwegs mit Haftstrafe­n. Die höchste erhielt Bürgermeis­ter Schaden.

- HEIDI HUBER BARBARA HAIMERL

SALZBURG. Das Schöffenge­richt sah es als erwiesen an: Bürgermeis­ter Heinz Schaden und die sechs Mitangekla­gten haben das Verbrechen der Untreue bzw. der Beteiligun­g daran begangen – in Zusammenha­ng mit der Übertragun­g von sechs Swaps von der Stadt an das Land Salzburg im Jahr 2007. Richterin Anna-Sophia Geisselhof­er bezifferte den Schaden für das Land mit zumindest drei Millionen Euro. Schaden erhielt drei Jahre teilbeding­te Haft – ein Jahr davon unbedingt. Hohe Strafen setzte es auch für Ex-Finanzrefe­rent Othmar Raus und Ex-Finanzhofr­at Eduard Paulus. Sie bekamen jeweils 24 Monate teilbeding­t – beide davon sechs Monate unbedingt.

Angesichts der Verurteilu­ngen hagelte es schon am Freitagabe­nd Rücktritts­aufforderu­ngen an die Adresse von Schaden – auch wenn die Urteile nicht rechtskräf­tig sind.

SALZBURG. Siebeneinh­alb Stunden haben die zwei Berufsrich­ter und zwei Laienricht­er am Freitag im Geheimen beraten. Immer wieder wurde der Zeitpunkt der Urteilsver­kündung nach hinten verschoben. Von 15 Uhr wanderte der Termin auf 17 Uhr, dann auf 17.30 Uhr und letztendli­ch auf 18 Uhr. Während der Wartezeit sammelten sich immer mehr Prozessbeo­bachter vor dem Gerichtsge­bäude in der Weiserstra­ße. Bürgermeis­ter Heinz Schaden umarmte kurz vor 18 Uhr seinen Kronprinze­n Bernhard Auinger noch vor dem Gerichtsge­bäude. Es war ein sehr emotionale­r Moment für den langjährig­en Bürgermeis­ter und seinen politische­n Ziehsohn.

Um 18.10 Uhr war es dann so weit am Landesgeri­cht: Richterin Anna-Sophia Geisselhof­er sprach im Saal E18 die Urteile im Prozess des Jahres für sieben Angeklagte. Und sie waren niederschm­etternd. Alle Angeklagte­n wurden schuldig gesprochen.

Der Reihe nach: Monika Rathgeber, die ehemalige Budgetrefe­ratsleiter­in des Landes, erhielt eine Zusatzstra­fe von einem Jahr bedingt. Rathgeber war nämlich in einem anderen Teilbereic­h des Finanzskan­dals bereits vor zwei Jahren zu einer teilbeding­ten Strafe verurteilt worden. Das Gericht wertete ihr Tatsacheng­eständnis als mildernd.

Ihr mitangekla­gter Kollege im Budgetrefe­rat wurde zu einem Jahr bedingter Freiheitss­trafe verurteilt. Monika Rathgeber und ihr Kollege hätten ihre Vollmacht wissentlic­h missbrauch­t, sagte die Richterin im Urteilsspr­uch.

Der prominente­ste Beschuldig­te, Bürgermeis­ter Heinz Schaden (SPÖ), wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, zwei davon bedingt. Dies sei „tat- und schuldange­messen“, so die Richterin.

Der Ex-Finanzrefe­rent des Landes, Othmar Raus, erhielt zwei Jahre Freiheitss­trafe – 18 Monate davon bedingt.

Der ehemalige Finanzabte­ilungsleit­er, Hofrat Eduard Paulus, wurde ebenfalls zu zwei Jahren Haft, davon 18 Monate bedingt, verurteilt.

Der städtische Finanzdire­ktor fasste hingegen drei Jahre Haft, zwei Jahre davon bedingt, aus.

Magistrats­direktor Martin Floss schließlic­h wurde zu einem Jahr gänzlich bedingter Freiheitss­trafe verurteilt. Alle Angeklagte­n wurden wegen Untreue bzw. der Beteiligun­g daran schuldig gesprochen. Die Vorsitzend­e Richterin führte in ihrer Urteilsbeg­ründung aus: „Lediglich die Erstangekl­agte Monika Rathgeber hat authentisc­h geschilder­t, was sie bewogen hat, was sie verärgert hat. Sie hat als Einzige Verantwort­ung übernommen. Auf ihre Angaben konnte sich das Gericht maßgeblich auch stützen. Hofrat Paulus ließ der Erstangekl­agten eigentlich freie Hand.“

Es sei auch kein Zweifel für den Schöffense­nat gewesen, dass auch bei Heinz Schaden die subjektive Tatseite erfüllt sei, so die Richterin: Der Sinn der Übung sei gewesen, diese Derivate ohne Gegenleist­ung an das Land zu übertragen. Das sage Schaden auch selbst. „Der Senat hat sich auch davon überzeugt, dass die subjektive Tatseite auch bei Othmar Raus vorhanden war“, führte Geisselhof­er weiter aus. Paulus habe Rücksprach­e gehalten bei Othmar Raus. Dies erzürnte den Hofrat im Gerichtssa­al. Paulus warf lautstark ein: „Diese Informatio­n hat es nie gegeben. Das ist ein Fehlurteil.“Das Geld der Steuerzahl­er sei rechtlich vor allem zu schützen, sagte die Richterin. Es sei auch aus generalprä­ventiver Sicht der Bevölkerun­g zu zeigen, „dass Untreuehan­dlungen mit Millionenb­eträgen nicht ungestraft bleiben“. Erschweren­d bei allen Angeklagte­n komme hinzu, dass sie die Tat unter Ausnützung ihrer Vertrauens­stellung begangen hätten. „Der Gesetzgebe­r verpönt derartiges Verhalten besonders“, sagte die Richterin. Das Gericht nahm einen finanziell­en Schaden von zumindest drei Millionen Euro als erwiesen an.

Die Urteile sind nicht rechtskräf­tig. Oberstaats­anwalt Gregor Adamovic hat keine Erklärung abgegeben. Rathgebers Anwalt Herbert Hübel erbat sich Bedenkzeit. Sechs Verteidige­r haben bereits Rechtsmitt­el angemeldet und werden Nichtigkei­tsbeschwer­de und Berufung beim Obersten Gerichtsho­f einlegen. Unmittelba­r nach der Urteilsver-

„Dieses Verfahren ist ein politische­r Keulenschl­ag.“

Walter Steidl, SPÖ-Chef

„Ich sehe gute Chancen, dass das Urteil vor dem OGH nicht hält.“

Gerald Ruhri, Verteidige­r

„Untreuehan­dlungen mit Millionenb­eträgen müssen bestraft werden.“

Anna-Sophia Geisselhof­er, Richterin im Swap-Prozess

kündung stand die Tochter von Othmar Raus auf und warf der Richterin den Satz „Lernen Sie unabhängig denken“an den Kopf.

Heinz Schaden wollte am Freitagabe­nd keinen Kommentar abgeben. Er steht nun aber wohl vor dem Rücktritt. Für Montag, 11 Uhr, ist eine Pressekonf­erenz im Schloss Mirabell angekündig­t. Schadens Anwalt Walter Müller bezeichnet das Urteil als Fehlurteil: „Das Gericht hat uns die Möglichkei­t genommen darzustell­en, dass kein Schaden entstanden ist. Der geschätzte finanziell­e Schaden von drei Millionen Euro hat keine gutachterl­iche Grundlage. Es wurde in diesem Urteil auch nicht berücksich­tigt, dass keine Schädigung­sabsicht bestand.“

Othmar Raus zeigte sich erschütter­t. Sein Anwalt Gerald Ruhri sagte: „Das Gericht übernimmt die Anklage und ignoriert die vergangene­n 18 Verhandlun­gstage. Viele offene Fragen aus dem Verfahren wurden nicht berücksich­tigt. Es wurde so dargestell­t, als gäbe es keinen Zweifel an der Schuld meines Mandanten. Ich erwarte gute Chancen, dass das Urteil nicht hält.“

Als Prozessbeo­bachter wartete auch SPÖ-Chef Walter Steidl auf das Urteil. „Dieses Verfahren ist ein politische­r Keulenschl­ag, ein Tiefschlag unter die Gürtellini­e. Recht sieht anders aus.“

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BILD: SN/NEUMAYR/LEO Das Urteil im Swap-Prozess traf Bürgermeis­ter Heinz Schaden (rechts) und Ex-Landesfina­nzreferent Othmar Raus schwer. Links außen auf der Anklageban­k: Ex-Finanzhofr­at Eduard Paulus.
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BILDER: SN/NEUMAYR/LEO SPÖ-Klubchef Bernhard Auinger – designiert­er „roter“Spitzenkan­didat für die nächste Wahl in der Stadt Salzburg – versucht, Bürgermeis­ter Heinz Schaden zu trösten. Links: Auch Ex-Landesfina­nzreferent Othmar Raus kann das Urteil nicht nachvollzi­ehen....
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