Braucht Österreich ein Fotomuseum?
In der hitzigen kulturpolitischen Debatte holte Kulturminister Drozda Expertenrat ein.
Der Titel einer großen Ausstellung, die derzeit im Salzburger Museum der Moderne vorbereitet wird, klingt fast wie ein Kommentar zur aktuell schwelenden kulturpolitischen Debatte: „Raum und Fotografie“heißt die Schau, die ab Herbst zu sehen sein wird. Und über die Frage, ob Österreich einen neuen Raum für die Fotokunst, etwa in Gestalt eines zentralen Fotomuseums, braucht, gehen seit Juni die Wogen hoch.
In Wien hat zuletzt Peter Coeln, Gründer der Galerien Ostlicht und Westlicht, dem Bund seine Sammlungen in Aussicht gestellt – vorausgesetzt, es werde eine Institution für Fotografie geschaffen. Für das Salzburger Museum der Moderne, das seit 1981 die rund 12.000 Werke umfassende Fotosammlung des Bundes verwahrt, könnte ein solcher Plan, den Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) derzeit prüfen lässt, allerdings den Verlust wertvoller Bestände bedeuten. In einer Podiumsveranstaltung, die via Livestream übertragen wurde, bat Drozda am Mittwoch eine Expertenrunde um ihre Perspektiven, wie mit der Fotografie als „einer der wichtigsten Kunstformen der Gegenwart“künftig umzugehen sei.
Christiane Kuhlmann, seit 2016 Kuratorin für Fotografie am Museum der Moderne, reagierte auf Drozdas (zuvor in einem Interview ausgesprochene) Kritik an den Salzburger Verwahrungsbedingungen. Spätestens zu Jahresende werde Salzburg über „das wohl modernste Kunstdepot in Österreich“verfügen: Der Neubau für die Sammlungen des Museums der Moderne in Koppl wird derzeit fertig gestellt. Regelmäßig seien Teile der Sammlung zudem in Ausstellungen präsent. Drozdas Frage nach „langfristigen Perspektiven für die Sammlung“beantwortete Kuhlmann, indem sie darauf verwies, dass in Salzburg die Fotografie in einen größeren, kunsthistorischen Zusammenhang eingebettet sei: „Was würde es bedeuten, die lange gewachsene Sammlung aus diesem Kontext zu nehmen? Wie wäre sie in einem Fotomuseum zwischen Technikgeschichte und Nachlässen aufgehoben?“Es könne heute kaum „mehr Konzept der Zeit sein, alles unter ein Dach zu packen, was kamerabasiert entstanden ist“.
In Impulsreferaten präsentierten auch Thomas Seelig vom Fotomuseum Winterthur und Ingo Taubhorn von den Hamburger Deichtorhallen die Entstehungsgeschichten, Vorteile und Problemfelder ihrer Institutionen. Ob ein ähnliches Projekt in Österreich Sinn hätte? „Ein Fotomuseum allgemeiner Natur kommt mir vor wie ein Museum des Metalles, das zugleich die Geschichte des Erzberges, die Geschichte eines Goldketterls und einer Autokarosserie zeigen soll“, sagte Monika Faber (Photoinstitut Bonartes) in der Diskussion und plädierte stattdessen für die Idee eines „wandernden Museums“, einer zentralen Institution, die Museen in der Sichtbarmachung ihrer Sammlungen unterstützt. KunsthausChefin Bettina Leidl konnte hingegen der Idee einer Institution, die „den engen Fokus der Kunst verlässt“und sich „nachhaltig der Fotografie in ihren unterschiedlichsten Bandbreiten“verschreibe, viel abgewinnen. Dass die Fotografie „kein Stiefkind mehr“sei, das in die Obhut eines zentralen Museums gehöre, argumentierte wiederum Rainer Iglar (Fotohof Salzburg): „Sie ist längst in der Mitte der zeitgenössischen Kunst angekommen.“Mit Albertina und Museum der Moderne gebe es bereits zwei zentrale Institutionen. Sinnvoller, als Sammlungen abzuziehen, sei es, bestehende Strukturen zu stärken.