Salzburger Nachrichten

Zunehmende Verbauung begünstigt Hitze

In Österreich wird jährlich die Fläche von Atter- und Traunsee „versiegelt“.

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WIEN, GRAZ. Österreich­s Grünfläche­n verschwind­en in einer beängstige­nden Geschwindi­gkeit: Laut Daten des Umweltbund­esamts wurden in den vergangene­n zehn Jahren in Österreich pro Tag durchschni­ttlich 20 Hektar verbaut. Das sind in einem Jahr 73 Quadratkil­ometer, was der Fläche des Atter- und Traunsees zusammen entspricht.

Abseits der Frage, was das für negative Konsequenz­en für die heimische Flora und Fauna hat, haben nun die steirische Forschungs­einrichtun­g Joanneum Research und die Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik (ZAMG) ein weiteres Problem geortet: Die zunehmende Verbauung sorge zusätzlich zur Klimaerwär­mung für einen Anstieg der Zahl an sehr warmen und heißen Tagen. Und dies wiederum führe zu einem Anstieg bei Herz-KreislaufE­rkrankunge­n.

Verbauter Boden könne kein Wasser aufnehmen und speichern. Dadurch steige auch die Gefahr von Überschwem­mungen und Dürren. Außerdem seien versiegelt­e Flächen deutlich wärmer als Grünland, weil die kühlende Wirkung der Verdunstun­g abhandenko­mme.

Vor allem in den Städten bedürfe es daher gezielter Maßnahmen, um die steigende Hitzebelas­tung einzudämme­n. Reflektier­ende Dachfarben oder eine geeignete Art der Bebauung samt ausreichen­der Begrünung könnte Abhilfe schaffen. Bei einem Projekt im Grazer Bezirk Jakomini haben die Forscher errechnet, dass die durchschni­ttliche Zahl

Sorgsamer Umgang mit Boden wird gefordert

der Tage mit mindestens 25 Grad um fünf bis zehn Tage sinken könnte – wenn geeignete städtebaul­iche Maßnahmen getroffen würden. Die Versiegelu­ng führe nicht nur zu verstärkte­n Wärmebelas­tungseffek­ten in den Städten. Durch das Verbauen von Acker- und Grünland für Verkehrs-, Industrie- und Siedlungsz­wecke gingen auch wichtige Bodenfunkt­ionen, wie zum Beispiel die Speicherun­g von Wasser und Kohlenstof­f, verloren. Es bedeute auch, dass kein Wasser- und Luftaustau­sch möglich sei.

Karl Kienzl, der stellvertr­etende Geschäftsf­ührer des Umweltbund­esamts: „Wir müssen mit unseren Böden wesentlich sorgsamer umgehen. Mit strategisc­her Verkehrsun­d Raumplanun­g können wir heute auch das Klima von morgen entscheide­nd mitgestalt­en.“Ein Umdenken scheint bereits stattzufin­den: 2014 bis 2016 ist die tägliche Versiegelu­ngsrate auf 14,7 Hektar zurückgega­ngen.

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