Umrüsten ist auch bei uns Thema
In Deutschland soll jeder dritte Diesel-Pkw sauberer werden. Wie zieht Österreich nach?
Der mit Spannung erwartete Diesel-Gipfel in Deutschland brachte am Mittwoch in Berlin augenscheinlich harte Verhandlungen, die sich lange hinzogen. Als wichtigstes Ergebnis wurde am Abend verkündet, dass mehr als 5,3 Millionen Diesel-Autos der neueren Schadstoffklassen Euro 5 und Euro 6 durch Software-Updates sauberer gemacht werden. Dadurch soll der Ausstoß von Stickoxiden (sie stehen im Zentrum des Diesel-Abgasskandals) um zumindest 25 Prozent verringert werden. Die Aktion betrifft gut ein Drittel der etwa 15 Millionen Diesel-Pkw (von insgesamt 45 Millionen). Verkehrsminister Alexander Dobrindt betonte, von den 5,8 Mill. DieselPkw in den beiden Klassen würden fast alle nachgerüstet.
Diese Nachrüstung sei von den Konzernchefs der drei großen Hersteller in Deutschland (VolkswagenKonzern, Daimler, BMW) zugesagt worden, erklärte Umweltministerin Barbara Hendricks. Sie kritisierte gleichzeitig, es mangle bei den Autoherstellern noch am Bewusstsein, wie viel sie wiedergutzumachen haben. Die Aktion soll bis Ende 2018 abgeschlossen sein und wird von der Autobranche bezahlt. Zusätzlich haben einzelne Autokonzerne, etwa BMW, bereits eigene Kaufprämien in Aussicht gestellt, um ältere Diesel-Pkw vom Markt zu kriegen.
In ersten Reaktionen wurden die Ergebnisse als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet, es gab aber auch Kritik. Mit der Beschränkung auf Software-Updates sei die Politik vor der Industrie eingeknickt, kriti- sierte etwa der Autofahrerclub ADAC. Umbauten am Motor oder der Abgasanlage könnten den Stickoxidausstoß um bis zu 90 Prozent senken. Das wäre aber viel teurer.
Parallel zum deutschen „DieselGipfel“nahm auch die Diskussion in Österreich Fahrt auf. Dabei schloss sich der Arbeitskreis der heimischen Automobilimporteure der Forderung nach einem DieselGipfel auch in Österreich an, die zuvor die Grünen erhoben hatten. Die Positionen der beiden bleiben natürlich trotzdem weit auseinander.
Österreich hat die dritthöchste Dichte von Diesel-Pkw in der EU und seit dem Jahr 1990 hat sich die Zahl der Dieselautos versiebenfacht, rechnet der Verkehrsclub Österreich VCÖ vor. Auf 1000 Einwohner kommen statistisch 311 DieselPkw. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 180. Nur in Luxemburg und Frankreich sei die Diesel-Dichte höher als in Österreich. Eine Analyse der Neuzulassungen seit 2015 zeige, dass 72 Prozent der SUV (Sport Utility Vehicle) und Geländewagen mit Diesel fahren und sogar 91 Prozent der Pkw der Oberklasse, während nur 13 Prozent der Kleinwagen mit Diesel laufen.
Der Sprecher der Autobranche, Günther Kerle, betont, auch in Österreich müssten „wichtige Fragen zum Thema Verbrennungsmotoren geklärt werden“. Einerseits wären Nachrüstungen, wie sie in Deutschland beschlossen wurden, natürlich auch in Österreich gut. „Andererseits müssen wir den Austausch von Altfahrzeugen gegen emissionsarme Neuwagen forcieren“, erklärt Kerle. Derzeit seien auf Österreichs Straßen 1,6 Millionen Pkw – also etwa jedes dritte Auto – unterwegs, die erst die Abgasnorm Euro 3 (aktuell ist bei Neuwagen Euro 6) erfüllen. Sie stoßen aber die Hälfte der Stickoxidemissionen und 95 Prozent des Feinstaubs aus dem PkwVerkehr aus.
Messungen des Umweltbundesamts in Deutschland haben gezeigt, dass die Euro-6-Diesel-Pkw statt höchstens 80 Milligramm Stickoxide (Grenzwert für den Labortest) auf der Straße im Schnitt 507 mg NOx pro km ausstoßen und damit sechs Mal so viel. Euro-5-DieselPkw stoßen real im Schnitt 906 mg NOx/km aus, die älteren Euro-4-Autos durchschnittlich „nur“674 mg.
Daher steht die Autobranche einer Neuauflage der Ökoprämie, wie sie kürzlich der ÖAMTC und das ÖVP-nahe Ökosoziale Forum gefordert hatten, positiv gegenüber. Konkret war eine Prämie von 2000 Euro pro Auto vorgeschlagen worden. 2009 finanzierten Steuerzahler und Autobranche je zur Hälfte eine Abwrackprämie, um in der Wirtschaftskrise den Autoabsatz anzukurbeln. Die insgesamt 45 Mill. Euro waren binnen weniger Monate ausgeschöpft.
Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hat sich in einem Punkt bereits festgelegt. Er will jedenfalls kein Verbot von Verbrennungsmotoren zu einem bestimmten Zeitpunkt. Leichtfried sagt aber, er wünsche sich, dass ab 2030 nur mehr abgasfreie Autos in Österreich neu angemeldet werden.
Das wiederum halten viele Autoexperten für illusorisch, denn es werde viele Jahre dauern, bis E-Autos nennenswerte Marktanteile erlangen. Die Grünen fordern ein Konzept für den Ausstieg aus Verbrennungsmotoren im Straßenverkehr mit 2030. Danach dauere es ohnehin noch zwölf Jahre – denn so lange ist ein Auto in Österreich im Schnitt in Gebrauch.