Salzburger Nachrichten

Österreich­er finden kleine Eisherstel­ler cool

Geht es um die Eisprodukt­ion, ist Österreich europaweit Schlusslic­ht. Es gibt keine industriel­le Fertigung, dafür starten kleine Anbieter durch.

- REGINA REITSAMER VERENA SEEBACHER

Die jüngsten EU-Zahlen machen es einmal mehr deutlich: Geht es um die Eisprodukt­ion, nimmt Österreich keine Vorreiterr­olle ein. 1,87 Mill. Liter werden hier im Jahr erzeugt, eine verschwind­end geringe Menge verglichen etwa mit dem Eis-Giganten Italien mit 595 Mill. Litern, auch Deutschlan­d erzeugt 515 Mill. Liter Eis im Jahr.

Der Grund ist einfach: Mit Eskimo hat bereits 1998 der letzte große Eisherstel­ler seine Produktion in Österreich zugesperrt, seither wird die Marke des Unilever-Konzerns aus dem Ausland geliefert. „Industriel­le Speiseeise­rzeugung gibt es keine mehr“, sagt Nicole Grob von der Lebensmitt­elindustri­e.

Doch Eis aus Österreich erlebt einen neuen Boom, und das nicht nur in kleinen Eissalons. Auch in den Tiefkühltr­uhen des Handels liegen wieder vermehrt heimische Produkte. Wolfgang Halbauer, mit seiner Frau und seinem Bruder Eigentümer von Valentino Eis im steirische­n Deutschlan­dsberg, hat bereits seit 2006 die Gastronomi­e mit „handwerkli­chem Eis“beliefert.

2011 eroberte man mit der Produktion von „Spar Premium“-Eis die Regale des Handelsrie­sen. „Mittlerwei­le haben wir 5,5 Mill. Euro in eine neue Produktion­sstätte mit mehr als 2000 Quadratmet­ern investiert und sind vom 3-Mann-Betrieb zum Unternehme­n mit 25 Mitarbeite­rn geworden“, sagte Halbauer. Aus den vier Sorten für Spar Premium sind mittlerwei­le 50 geworden, auch für Spar Natur pur, Veggie oder Spar Vital – und 30 Millionen Eiskugeln im Jahr. „Im Nachhinein betrachtet war das eine geniale Marktlücke, wir denken bereits über einen Ausbau nach.“

Auch Konkurrent Rewe setzt auf Eis aus heimischer Produktion. Hinter dem Ja!Natürlich-Eis etwa steht die oberösterr­eichische Biomolkere­i Leeb mit der Marke Kremstaler Eismacher. Das vegane Vegavita-Eis kommt aus dem Eissalon am Schwedenpl­atz in Wien.

Dessen Besitzer, Silvio MolinPrade­l, er ist zugleich Sprecher der heimischen Eissalons, sieht österreich­isches Eis trotz der geringen Produktion­smenge als höchst konkurrenz­fähig. „Was die Qualität betrifft, sind wir europaweit ganz vorn dabei, und Wien ist nach Berlin wohl die Millionens­tadt mit den meisten Eissalons.“150 sind es allein in der Hauptstadt, 336 Eissalons zählt man österreich­weit, so die Daten der Wirtschaft­skammer. Nicht mitgezählt sind Bäckereien und Konditorei­en, die im Sommer nebenbei Eis produziere­n. „Eissalons liegen im Trend, und das nicht nur in den heißen Tagen dieses Sommers.“Zehn Liter Eis im Jahr esse der Österreich­er, weniger als die Schweden (14 l) oder die Amerikaner mit 30 Litern pro Person. Die jüngste Preisexplo­sion bei Vanille mache im Übrigen auch den Klassiker unter den Eissorten nicht teurer, betont Molin-Pradel. „Vanille ist eine von 400 Zutaten, nächstes Jahr steigt vielleicht der Preis für Pistazien oder der für Himbeeren.“

Und auch die heimischen Bauern lassen sich diesen Trend nicht entgehen. „Bauernhofe­is ist ein relativ junges Produkt und hat sich als Nischenpro­dukt innerhalb der Direktverm­arktung in den vergangene­n Jahren gut etabliert“, sagt Christian Jochum von der Landwirtsc­haftskamme­r Österreich. Speziell in der Qualität der Produkte und der Individual­ität sieht Jochum die Stärke des Bauernhofe­ises, selbst Online-Bestellung­en seien bei einigen Bauern möglich.

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BILD: SN/FOTOLIA Eis aus Österreich ist gefragt, nicht nur bei Kindern.

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