Die Prinzipien der digitalen Transformation
Wer ein altes Haus besitzt, tut gut daran, keine „kleinen“Sanierungsarbeiten anzufangen. Beginnt man nämlich einmal, in Mauerwerk und Fußböden hineinzuschauen, wird daraus ein nicht endendes Großprojekt. Jeder Millimeter Baufortschritt befördert ein neues Problem ans Tageslicht, das gelöst werden muss.
So ähnlich ist es mit der Digitalisierung: Man tut gut daran, sich diese nicht als bloße Investition in digitale Technologien vorzustellen. Sobald nämlich die äußere Schicht moderner Schlagwörter wie Industrie 4.0, Big Data und künstliche Intelligenz durchdrungen ist, stößt man sehr schnell auf große Herausforderungen.
Die haben wenig mit Technik und dafür sehr viel mit der Verfasstheit einer Organisation zu tun: mit ihrer Kultur (Welche Werte sind wichtig?), ihren Strukturen (Wer ist wofür zuständig?) und ihren Abläufen (Was passiert wie?). Und flugs wird aus dem Update eine permanente Großbaustelle.
Warum das so ist? Weil fundamentale technologische Umbrüche die Menschen in ihrem Verhalten und in ihrem Denken verändern. Daher ist der Begriff digitale Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft treffender als nur das Wort Digitalisierung.
Die folgt vier wesentlichen Prinzipien: Das Prinzip lautet, dass flache, dynamische Netzwerke Hierarchien ablösen. Diese allein sind für eine digitale Welt zu langsam und zu wenig intelligent. Arbeit muss also anders organisiert und verteilt werden.
Doch auch Produkte, Services und die Art und Weise, wie Wertschöpfung passiert, müssen neu erfunden werden: Das Denken in sogenannten Customer Journeys, also der Reise des Kunden von der Erstinformation über den Kauf bis zum Erlebnis mit dem Produkt, ist das zweite Prinzip. Alles definiert sich aus der Sicht der Kunden, die mehr Macht haben als bisher und als Mitproduzenten behandelt werden wollen statt als Bittsteller.
Das führt nahtlos zu Prinzip drei, der Notwendigkeit permanent betriebener, offener Innovationsprozesse in Unternehmen. Das heißt nicht, alles Wissen preiszugeben, sondern mit ungewöhnlichen Impulsgebern von außen zusammenzuarbeiten, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Tiefes Spezialwissen allein ist zu wenig.
Prinzip Nummer vier ist die intelligente Nutzung von Daten als Entscheidungsgrundlage: Wie viel man über Kunden, Logistik und Produktionsprozesse weiß, bestimmt die Wertschöpfung der Zukunft – und nicht mehr bloß Fleiß und Bauchgefühl.
Die Sanierung eines Hauses kann man eine gewisse Zeit hinausschieben. Bei den großen Fragen der technologischen Transformation sollte man hingegen rechtzeitig irgendwo anfangen: Es ist immer besser, selbst zu verändern, als verändert zu werden.