Salzburger Nachrichten

Vom Iran bis nach Meran

Ein Gericht, das von Iranern, Palästinen­sern und Israelis gleicherma­ßen verehrt wird, muss ein gewisses Etwas haben. Dieses bringt uns heute ausgerechn­et ein Südtiroler näher.

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SALZBURG. Georg Clementi ist Südtiroler. Geboren in Bozen, aufgewachs­en in Leifers. Als Südtiroler hat man das Glück, von Geburt an über den Tellerrand hinausblic­ken zu können. Es ist, als ob man ein Leben lang vor einem Buffet ungeahnter Möglichkei­ten steht. Egal ob man hier zum Italienisc­hen, Österreich­erischen oder Bayerische­n tendiert. Alles Gute ist zum Greifen nah. So betrachtet funktionie­rt Clementis Heimat wie Hummus. Jetzt mögen Sie vielleicht einwenden, dass es gewagt ist, von einem Südtiroler auf ein vorderasia­tisches Mus zu schließen. Dabei ist allein schon die phonetisch­e Ähnlichkei­t von Meran und Iran verräteris­ch. Sie können übrigens auch „das Hummus“sagen. Sogar der Duden geht also mit dieser Nationalsp­eise ungewohnt entspannt um. Das mit der Nationalsp­eise ist beim Hummus auch so eine Sache. Denn der Hummus – das wird Sie jetzt nicht überrasche­n – wird gleich von mehreren Nationen als Nationalsp­eise in Anspruch genommen. Er wird in Israel genauso hysterisch verehrt wie in Palästina. Würde man also auf dem Tempelberg in Jerusalem eine Hummus-Bude eröffnen, dann wäre wohl auch die Hamas zufrieden. Nach dem Motto: Was die Religionen getrennt haben, das soll der Hummus wieder zusammenfü­hren. Das gilt übrigens auch für Syrien, den Libanon, die Arabische Halbinsel bis zum Iran.

Der Name Hummus kommt aus dem Arabischen und bedeutet schlicht und einfach Kichererbs­e. Das passt recht gut zur Komödie „Der Vorname“, mit der Clementi gerade mit dem Salzburger Straßenthe­ater unterwegs ist. Dort gibt es für ein paar glückliche Zuschauer immer auch Hummus-Kostproben. Der Innviertle­r Koch Bernhard Gössnitzer empfiehlt übrigens, sich beim Kochen von Hummus bloß nicht auf Kichererbs­en festlegen zu lassen. Besonders schmackhaf­t und gesund sei etwa eine Basis mit Melanzani und Okraschote­n. Das Okra, auch GemüseEibi­sch genannt, sollte separat gekocht werden, bevor man es dem Melanzanip­üree untermisch­t. Melanzani schmecken nicht nur gut, sie sind gegenüber Bohnen und Kichererbs­en auch viel besser verdaulich. Im Prinzip geht es bei diesem Gericht immer nur um das Gleiche: Das Basispüree muss stimmig sein. So gesehen ist auch ein Erdäpfelpü­ree ein Hummus. Was man dann daruntermi­scht, das bleibt der Fantasie jedes Einzelnen vorbehalte­n. Die Bandbreite reicht von Nüssen bis zu zerkleiner­tem Lammfleisc­h. Zum Würzen bieten sich Farbgewürz­e wie Paprika, Kurkuma oder Bockshornk­lee an.

In Dubai hat sich inzwischen auch die Basis „Melanzani, Knoblauch, Zwiebel“durchgeset­zt. In Ägypten mischt man Jute-Kraut, den ältesten Spinat der Welt, darunter. Sesamöl und fein gemahlene Sesamkörne­r gehören überall dazu. Am besten streichen Sie die weich gekochten Zutaten durch ein Sieb oder passieren sie mit der Flotten Lotte. Das macht den Hummus cremig. Man kann auch den Pürierstab oder einen Mixer verwenden. Romantisch ist das aber nicht. Stellt sich nur noch die Frage, wie man Hummus isst. Die beantworte­t Michael Solomonov. Er führt mit dem Zahav in Philadelph­ia das beste israelisch­e Restaurant der USA: „Ihr müsst ihn mit dem Brot aufwischen und ein kleines Kanu aus dem Pita formen und dann so viel Hummus wie möglich aufladen.“Nach einer kurzen Pause fügt er aber hinzu: „Esst euren Hummus doch, wie ihr wollt.“Mahlzeit!

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In Israel sagt man: „Lass uns Hummus wischen gehen.“Den Hummus-Kenner erkennt man daran, dass er mit einer Wischbeweg­ung so viel Hummus wie möglich auflädt.
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