Der Bierkeller bietet einen kühlen Arbeitsplatz
Wer in der Hitze im Freien arbeiten muss, hat es nicht leicht. Im Bierkeller des Kaltenhausener Hofbräus ist es hingegen angenehm kühl. Aber der Temperaturwechsel beim Gang hinaus ist extrem.
Der Bierbrauer Ernst Tucho steht im Lagerkeller des Hofbräu Kaltenhausen und zapft ein Zwickelbier. Den naturtrüben Inhalt der Kühltanks muss der diplomierte Biersommelier regelmäßig auf Alkoholgehalt, Stammwürze, Farbe und Geschmack prüfen. Seinen blauen Arbeitsmantel braucht er unbedingt, denn an seinem Arbeitsplatz hat es kühle 15 Grad – bei 35 Grad Außentemperatur.
Im Winter kühlt der Lagerraum sogar auf rund sieben Grad ab. Dann sei es dort sehr angenehm. „Im Sommer aber ist der Temperaturwechsel extrem“, erklärt Tucho. Der 51-Jährige, der bereits seit 36 Jahren als Bierbrauer arbeitet, muss im Laufe seines Arbeitstages mehrmals zwischen Lagerkeller und Sudhaus pendeln. Sein Weg führt dabei über den Innenhof: „Man kommt sich dabei vor wie in einer Sauna.“
In der Brauerei arbeitet zurzeit außerdem eine Praktikantin. Hannah Petran aus Rif ist 21 Jahre alt und absolviert ein Volontariat im Rahmen ihres Studiums der Lebensmitteltechnologie und Ernährung. Sie ist zuständig für die Abfüllung, Etikettierung und Verpackung. Auch sie weiß ihren angenehm temperierten Arbeitsplatz zu schätzen. Als sie im April ihre Stelle antrat, sah das noch ganz anders aus: „Ich musste mir drei Schichten Kleidung anziehen, damit mir nicht zu kalt war“, erzählt sie schmunzelnd.
Das Bier in den Kühlanlagen im Kaltenhausener Lagerkeller ruht bei frischen zwei Grad. 22 bis 35 Tage verbringt es dort, wo nach dem Maischen und der Gärung die Reifung des Bräus erfolgt. Dabei setzt sich die Hefe ab und das Bier erhält seine charakteristisch trübe Farbe und seinen herben Geschmack. Insgesamt befinden sich 440 Hektoliter des Malzgetränks in den Tanks.
Für die frostige Temperatur im Lagerkeller sind jedoch nicht die Tanks, sondern die angrenzenden Barmsteine verantwortlich. Die besondere Luftzirkulation in dem zerklüfteten Bergmassiv war unter anderem Anlass für die Gründung der Brauerei im Jahr 1475. Der Braumeister Günter Seeleitner beschreibt diese Strömung als „umgekehrten Schornsteineffekt“: Durch die „Windröhren“im groben Schuttmassiv strömte die kalte Luft im Berginneren in Richtung Tal. Für die Kühlung des schnell verderblichen Biers bot dieser Umstand einen großen Vorteil, erklärt Seeleitner. So konnte man bis in den Mai hinein brauen anstatt wie andere Betriebe nur bis März. Bis in die 1980er-Jahre wurde diese Methode mitunter genutzt.
Die Kühle der Barmsteine ist heute noch spürbar. Ernst Tucho, dessen Familie seit fünf Generationen in der Brauerei arbeitet, hat sich an seine kühle Umgebung schon lange gewöhnt. Inzwischen sei er schon eher hitzeempfindlich. Im Gegensatz zu seinem Bruder, der als Bäcker mit ganz anderen Temperaturen zu schaffen hat, verschlägt es ihn also auch während der Urlaubszeit nicht in den Süden. Seine Ferien verbringt der Bierbrauer am liebsten in Österreich.