Waltraud Haas trat zum 90. Geburtstag im Südbahnhotel auf
gleich, mit seinen zehn Etagen und Hunderten Zimmern, friedlich an einen der schönsten Hänge des Semmerings geklammert. Nun soll das Südbahnhotel, ab 1882 in drei Abschnitten erbaut, wachgeküsst werden. Von wem, steht noch in den Sternen hoch über dem Zauberberg. Acht Millionen Euro Kaufpreis plus gut und gern weitere 50 Millionen seien nötig, um alles wieder zum Leben zu erwecken.
Es war kein Hotel, es war eine Kleinstadt, in der einst Prinzessin Maria von Griechenland, Sigmund Freud, Königin Maria von Rumänien, Gustav Mahler mit Gattin Alma, Oskar Kokoschka, Egon Friedell, Peter Altenberg, Adolf Loos, Franz Werfel, Kolo Moser oder auch Karl Kraus logierten. Zur körperlichen und geistigen Erbauung reiste man mit der Ghega-Bahn an, ließ sich nieder und genoss das sagenhafte Panorama, schnappte Luft und frönte der einen oder anderen körperlichen Betätigung. Es sei auch ein Ort der Anbahnung gewesen, meint Tourismusmanager Edgar Bauer. Man habe den heiratsfähigen Nachwuchs in feines Tuch gepackt und als gute Partie feilgeboten.
Die Kleinstadt beherbergte eine Tankstelle, eine Dampfwäscherei, ein Postamt, ein Kino, einen Friseur, eine Bankfiliale, ein Atelier und ab 1936 auch ein Hallenbad. „Outdoor“standen ab 1926 ein 9-Loch-Golfplatz (der erste in Österreich), eine Sprungschanze und eine zwei Kilometer lange, topmoderne Rodelbahn zur freien Verfügung. Vertraut mit all den Winkeln und der Semmeringer Kultursommer, auch ein ehemaliger Hotelgast trat unlängst auf: die 90-jährige und überaus fitte Waltraud Haas.
Das mögen stimmungsvolle Farbtupfer sein, doch was das Südbahnhotel – wie auch der Rest des Semmerings – dringend benötigt, ist ein Masterplan. „Und eine dreistellige Millionensumme“, ergänzt Bauer. Vor allem im Sommer dümpelt der Zauberberg touristisch vor sich hin, lebt vorwiegend von seiner Patina und Tagestouristen. „Es gibt Ansätze und Gespräche mit Politik und Investoren“, verrät der Tourismusexperte. „Alle müssten an einem Strang ziehen und alle müssen davon profitieren. Anders wird es nicht funktionieren.“
Für das Südbahnhotel wünscht sich Bauer einen Käufer, der „einen Bezug zur Region“hat. Kurort, UNESCO-Weltkulturerbe, Skiweltcup – Potenzial hätte der Semmering genug. Mit dem Südbahnhotel als Flaggschiff. Ein schöner Gedanke. Allerdings ist auch ein Flaggschiff, um nautisch zu bleiben, nichts ohne seine Flotte.