Salzburger Nachrichten

Hoffentlic­h ein Hype mit Folgen

- GERHARD.OEHLINGER@SALZBURG.COM

Die Frauenfußb­all-Europameis­terschaft ist vorbei, und für manche ist es ein Gefühl wie das Aufwachen aus einem viel zu schönen Traum.

Zwei Mal 120 Minuten hat eine Frauenfußb­allmannsch­aft mehr als eine Million Österreich­er vor den Bildschirm­en versammelt. Sportlerin­nen, die bis vor kurzem nur einem engen Kreis von Insidern bekannt waren, wurden zu Lieblingen einer ganzen Nation. Die sozialen Netzwerke gingen schier über vor Liebesbeku­ndungen, Likes und Herzchen für Laura Feiersinge­r, Manuela Zinsberger und Viktoria Schnaderbe­ck.

Wer all das noch vor ein paar Wochen vorhergesa­gt hätte, wäre für verrückt erklärt worden. Wir reden von einer Sportart, die hierzuland­e zwischen Stammtisch­witzen und Duldung pendelte. Die sich permanent – und wohl als einzige Disziplin – mit dem männlichen Pendant messen muss, obwohl jeder Vergleich fehl am Platze ist. Hämische Bemerkunge­n in der Art „Die Mädels haben den Burschen gezeigt, wie man richtig Fußball spielt!“, gab es zuhauf und vermutlich kamen sie vor allem von jenen, die zuvor noch nie ein Spiel von Frauen gesehen haben.

Sie werden in überwiegen­der Mehrheit auch künftig nicht den Weg auf die Plätze von Neulengbac­h oder Bergheim finden. Einfach weil die Euphorie der vergangene­n zwei Wochen vor allem ein typischer Hype unserer Eventgesel­lschaft war. Bei Massen-Großereign­issen werden wir alle zu Fußballeri­nnen-Fans oder auch zu Beachvolle­yball-Freaks.

Einen dauerhafte­n Effekt kann das Sommermärc­hen der Fußballeri­nnen nur haben, wenn Vereine und Verbände nun kräftig anpacken. Es wird einen langen Atem brauchen – viel länger noch als zwei Mal 120 Minuten.

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Gerhard Öhlinger

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