TÜV zahlt Frauen in Österreich 207.000 Euro
Nach dem Skandal um Brustimplantate der französischen Firma PIP erhalten nun 69 Frauen je 3000 Euro Schadenersatz.
Der deutsche TÜV Rheinland und der TÜV Rheinland France zahlen 69 österreichischen Frauen nach dem Skandal um Brustimplantate insgesamt 207.000 Euro. Das meldete der Verein für Konsumenteninformation (VKI) am Donnerstag. Dieser vertritt die Betroffenen im Auftrag des Sozialministeriums.
Die französische Firma Poly Implant Prothèse (PIP) hatte für die medizinisch nicht zugelassenen Implantate offenbar billiges Industriesilikon verwendet. Die Folgen für Hunderttausende Frauen weltweit waren platzende Implantate und Entzündungen, die einen raschen Austausch erforderten.
Die aus dem fehlerhaften Produkt entstandenen Schäden könnten die Betroffenen eigentlich gegen den Hersteller geltend machen. Doch PIP ist insolvent, somit sei aus heutiger Sicht für die Geschädigten dort nichts zu holen, heißt es beim VKI. Dieser hatte im Juni 2014 die Ansprüche der 69 Teilnehmerinnen einer Sammelklage gegen den TÜV in Frankreich angeschlossen. Der Vorwurf lautete: Der TÜV habe seine Kontrollpflichten verletzt und hätte die CE-Zertifizierung der PIP-Implantate nie ausstellen dürfen.
Am 20. Jänner 2017 verurteilte das Handelsgericht Toulon den TÜV Rheinland und den TÜV Rheinland France zu insgesamt 60 Millionen Euro Schadenersatz. Den Klägerinnen aus Österreich wurden je 3000 Euro Vorschuss auf Schadenersatz zugesprochen. Laut Begründung des Gerichts hatte der TÜV gegen seine Kontroll- und Aufsichtspflichten verstoßen und die PIP-Implantate nicht oder nicht ausreichend geprüft. Der TÜV legte Rechtsmittel ein, um nicht jeder Klägerin sofort 3000 Euro auszahlen zu müssen. Mit seiner Beschwerde auf Zahlungsaufschub war der TÜV nicht erfolgreich. Das Berufungsgericht in Aix-en-Provence wies den Antrag zurück.
Der TÜV bezahlte daher an alle Klägerinnen aus Österreich den vorläufig zugesprochenen Schadenersatz von 207.000 Euro aus. Jetzt sei abzuwarten, ob man im Hauptverfahren gegen den TÜV gewinnen werde, hieß es beim VKI.
Darüber hinaus unterstützt der VKI die 69 Frauen auch im Strafverfahren gegen den Unternehmensgründer Jean-Claude Mas und vier leitende Angestellte von PIP. Anfang Mai 2016 bestätigte das Berufungsgericht in Aix-en-Provence die Schuldsprüche des Erstgerichts. Mas wurde zu einer unbedingten, die übrigen zu (teil)bedingten Haftstrafen verurteilt. Weil sich die Tä- ter als vermögenslos deklariert hatten, besteht bei Rechtskraft des Urteils für die Frauen die Möglichkeit, über den französischen Opferfonds SAVRI teilentschädigt zu werden. Da eine leitende Angestellte das Urteil annahm, hat der Großteil der Teilnehmerinnen durch Antrag des VKI bereits Geld erhalten. Bei einem rechtskräftigen Urteil der anderen vier Angeklagten, die Rekurs eingelegt haben, würden auch die restlichen Geschädigten Geld aus dem Opferfonds bekommen.
Der PIP-Skandal beschäftigt die Gerichte seit Jahren. Im Jahr 2009 erhielt die in Frankreich für die Sicherheit von Gesundheitsprodukten zuständige Behörde einen anonymen Hinweis, dass PIP bei der Herstellung ihrer Brustimplantate aus Silikongel illegale Methoden verwenden könnte. Erste Nachforschungen bestätigten den Verdacht zunächst nicht.
Im März 2010 nahm die Behörde in Frankreich die Brustimplantate wegen der hohen Reißanfälligkeit vom Markt. PIP meldete Konkurs an und wurde zwangsliquidiert. Von April bis Juli 2010 ermittelte Frankreichs Justiz wegen Betrugs und Gesundheitsgefährdung. Erste Zivilklagen gingen ein. Im Dezember 2011 wurden nach dem Tod einer Frau mit PIP-Implantaten Vorermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und Tötung eingeleitet.