Salzburg kann mehr sein als guter Durchschnitt
Die Stadt muss sich darüber klar werden, wohin sie will. Ein künftiges Führungsteam hat beste Chancen auf einen Neubeginn.
Fünf Punkte für eine positive Entwicklung
So groß die Erschütterung nach den Gerichtsurteilen in der Salzburger Finanzaffäre auch sein mag, so groß ist jetzt auch die Chance auf einen Neubeginn. Den braucht die Stadt dringend. Wie belebend sich ein konstruktiver Anfang auswirken kann, sieht man derzeit an den Salzburger Festspielen. Der Wind der Erneuerung, den Intendant Markus Hinterhäuser und sein Team bringen, hat Salzburg erfasst. Er scheint nachhaltig, kein Marketinggag, der als starke Bö daherkommt, aber bald in eine Flaute mündet. Chapeau!
Dahinter steckt viel Arbeit, vor allem geistige. Sie ist nur erfolgreich, wenn man weiß, wohin man will. Es muss ein Ziel geben. Hinterhäuser hat es definiert mit Festspielen, in denen die Künste und die Auseinandersetzung wieder im Vordergrund stehen. Und nicht mit einem Festival, das zwar auch Kulturgenuss anbietet, hinter dem aber vielfach gähnende Leere herrscht.
An Markus Hinterhäuser sollte sich die künftige Stadtregierung Salzburgs ein Beispiel nehmen. Zuerst das Ziel festlegen, dann die entsprechenden Maßnahmen festlegen und sie umsetzen.
Bisher hatten wir eine Politik, die nicht Fisch und nicht Fleisch war. Was wollte Salzburg nicht alles sein und werden: Kunststadt, Sportstadt, Einkaufsstadt, U-Bahn-Stadt, Wissensstadt, Medienstadt, Tourismusstadt, Weltkulturerbestadt, Parkraumbewirtschaftungsstadt. Heute haben wir – mit Ausnahme des Leuchtturms Festspiele – von allem ein bisschen. Das ist zu viel und doch zu wenig. Salzburg muss mehr sein als guter Durchschnitt. Nur Qualität zählt.
Die nahe Grenze zu Bayern wird bis heute als Einschränkung der Bewegungsfreiheit betrachtet, was sie auf dem Walserberg wegen der Kontrollen für den Autoverkehr leider auch ist. Doch im Grunde genommen ist der Rupertigau der natürliche Erweiterungsraum für die Stadt Salzburg. Sie kann durch – sinnvolle – Selbstbeschränkungen wie die Grünlanddeklaration nicht nach innen wachsen. Aber in Freilassing, Ainring, Piding oder Bad Reichenhall bieten sich Chancen für „grenzenloses“Wachstum. Dazu müssen wir unser Kirchturmdenken ablegen. Das Einflussgebiet Salzburgs wird noch einmal so groß, wenn man es bis Rosenheim denkt. Alle Entscheidungen über Infrastruktur, Wirtschafts-, Wissenschafts- und Wohnstandort sind gemeinsam zu erarbeiten. Das würde dem Großraum einen Schub nach vorn verleihen. Was tun wir? Anstatt den Salzburger Flughafen als Partner zu betreiben, streiten wir darum.
Der internationale Standortwettbewerb macht vor Salzburg nicht halt. Linz und Innsbruck sind dynamischer unterwegs. Unsere Stadt wird gehandelt als schön, aber teuer, als Stauhauptstadt Österreichs, als zeitweise von Touristen überschwemmt, als provinziell, wenn nicht gerade Festspiele sind.
Die digitale Revolution ist an Salzburg bisher fast spurlos vorübergegangen. Junge Erfinder wandern ins nahe München aus, weil sie dort mehr erreichen können.
Die künftige Stadtregierung sollte sich auf wenige Punkte konzentrieren, die aber umso konsequenter angehen.
1. Salzburg wird zum HightechWirtschaftsstandort ausgebaut werden. Dazu gehören perfekte Infrastruktur, schnelle Behördenverfahren, beste Ausbildungskonzepte.
2. Salzburg wird ein PremiumUrlaubsort. Der Tagestourismus muss kontingentiert werden.
3. Salzburg investiert noch mehr in Kunst und Kultur. Diese Marke gehört ausgebaut.
4. Salzburg wird zum Bildungsstandort. Die Universitäten und Fachhochschulen brauchen Geld für exzellentes Personal. Nur das bringt auch exzellente Studenten und Absolventen.
5. Salzburg bleibt ein lebenswerter Wohnort. Dazu gehören kostengünstige Wohnungen und ein attraktives Verkehrsnetz. Derzeit werden die jungen Menschen dorthin vertrieben, wo sie sich das Wohnen leisten können. Landflucht hat hier eine andere Bedeutung bekommen.
Salzburg denkt in Zukunft positiv. Derzeit steht das Verhindern zu oft im Vordergrund. Die künftigen politischen Verantwortungsträger werden daran gemessen, wie konstruktiv und zukunftsorientiert sie an die Themen herangehen. Es wäre übrigens besser, wenn am 26. November nicht nur ein neuer Bürgermeister, sondern gleich ein neuer Gemeinderat gewählt würde.