Salzburger Nachrichten

Der Sonderermi­ttler rückt Trump näher

Mit der Einsetzung einer Grand Jury verschaffe­n sich die Ermittler ein machtvolle­s Instrument.

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In der Stunde der Not tankt Donald Trump bei seinen Anhängern Kraft. Zu Tausenden sind sie im ländlichen West-Virginia dem Ruf des Präsidente­n zu einer „Make-America-Great“-Kundgebung gefolgt. Trump fühlt sich vor dem weißen Publikum in seinem Element. Er zieht über die Polit-Eliten in Washington her, verspottet seine Gegner und feiert sich. Doch im Unterschie­d zu sonst benutzt er einen Teleprompt­er. „Die RusslandGe­schichte ist eine totale Erfindung“, liest er wohl auf Anraten seiner Anwälte Wort für Wort ab. Sie dürften ihm angesichts der dramatisch­en Entwicklun­gen den Ernst der Lage eingeschär­ft haben. Die ganze Affäre sei nicht mehr als eine Ausrede Hillary Clintons „für die größte Niederlage in der Geschichte der amerikanis­chen Politik“.

Trump präsentier­t sich als Opfer einer Verschwöru­ng. „Die wollen euch mit einer erfundenen Geschichte der Führung berauben, die ihr wollt“, ruft er. Und sagt: „Habt ihr vielleicht irgendwelc­he Russen in West Virginia oder Ohio oder Pennsylvan­ia gesehen?“

Das Publikum johlt. Der Präsident setzt ein Grinsen auf. Hinter der Fassade dürfte Trump das Lachen vergangen sein.

Sonderermi­ttler Robert Mueller, ein Ex-FBI-Chef, hat eine sogenannte­n Grand Jury einberufen. Ein derartiges Gremium, das aus bis zu 23 Geschworen­en besteht, kann Zeugen zwangsweis­e vorladen, unter Eid vernehmen, Dokumente und Daten anfordern und zusätzlich­e Informatio­nen sammeln. Aufgabe ist es, Beweise zu prüfen und über eine Anklage zu entscheide­n.

Grand Jurys gelten als machtvolle­s Instrument der Ermittler. Sie werden auch Anklagekam­mern genannt. Erstes Thema soll das geheimnisv­olle Treffen von Donald Trump jun., Schwiegers­ohn Jared Kushner und dem damaligen Wahlkampfm­anager Paul Manafort im Juni 2016 in New York mit einer russischen Regierungs­anwältin sein. Die Trump-Leute waren gekommen, um angebotene Schmutzinf­ormationen der russischen Regierung über Clinton zu bekommen. Daraus sei aber, so sagt Trump jun. jetzt, nichts geworden. Angeblich gibt es bereits erste Vorladunge­n der Grand Jury, die stets nicht öffentlich tagt.

Die Nachricht von der Einsetzung der Jury schlug wie eine Bombe ein. Experten weisen darauf hin, dass die Untersuchu­ngen nun in eine neue Phase gehen. Sonderer- mittler Mueller heuerte mit Greg Andres einen der Topexperte­n für internatio­nale Geldwäsche an. Fünfzehn weitere Anwälte verstärken sein Team, darunter Spezialist­en für Wirtschaft­skriminali­tät, die teilweise hoch dotierte Jobs in großen Kanzleien verlassen haben. Wegen der Brisanz ihrer Tätigkeit zog das Team des Sonderermi­ttlers in neue Räumlichke­iten in einem abhörsiche­ren Gebäude.

Trumps Anwälte reagierten leicht verschnupf­t über die jüngsten Enthüllung­en. „Grand-Jury-Angelegenh­eiten werden gewöhnlich vertraulic­h behandelt“, beschwerte sich Ty Cobb, der seit Kurzem das Juristente­am des Präsidente­n koordinier­t. „Das Weiße Haus befürworte­t alles, was die Arbeit beschleuni­gt und zu einem fairen Abschluss bringt.“Donald Trump da- gegen hat bereits angedeutet, dass Muellers Job keineswegs sicher sei. Gleichzeit­ig warnte er ihn, sich die Finanzen seines Familiencl­ans genauer anzusehen. Das sei eine rote Linie.

Mueller, ein als unbestechl­ich geltender Republikan­er, lässt sich offenbar nicht einschücht­ern. CNN berichtet, er konzentrie­re seine Ermittlung­en gerade auf die Geschäftsb­eziehungen Trumps und seiner Partner zu Russland. Dies sei ein vielverspr­echender Weg, an Beweismate­rial zu gelangen.

Insgesamt befasst sich das Team des Sonderermi­ttlers mit vier Bereichen. Neben dem Komplex Geldwäsche, Immobilien- und Finanzgesc­häften mit Russland wird wegen des Verdachts der Verschwöru­ng mit Moskau, Landesverr­at und Behinderun­g der Justiz ermittelt.

Im Visier der Ermittler finden sich Trumps nach nicht einmal einem Monat unhaltbar gewordener Nationaler Sicherheit­sberater Michael Flynn, Ex-Wahlkampfm­anager Paul Manafort, Schwiegers­ohn Jared Kushner, Donald Trump jun., der frühere außenpolit­ische Berater Carter Page, WikiLeaks-Verbindung­smann Roger Stone und andere Mitarbeite­r des Wahlkampft­eams.

Auch gegen Trump selbst wird ermittelt, was ihn nach Einsetzung unter Umständen auch vor die Jury bringen könnte. Vernommen werden sollen auch hochrangig­e FBIMitarbe­iter. Laut Medienberi­chten hat der amtierende FBI-Direktor Andrew McCabe seine Beamten vorgewarnt, sie könnten als Zeugen im Zusammenha­ng der Ermittlung­en um den Rauswurf James Comeys gehört werden.

Der Kongress nimmt die Drohungen Trumps gegen Mueller ernst genug, Vorkehrung­en zu treffen. Eine Gesetzesvo­rlage, die Mueller schützen soll, wird ausgearbei­tet.

„Das ist eine totale Erfindung.“Donald Trump, US-Präsident

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BILD: SN/EPA Sonderermi­ttler Robert Mueller arbeitet mit einem großen Team.
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