Salzburger Nachrichten

„Bio kann nie zu viel sein“

Salzburg ist in der biologisch­en Landwirtsc­haft Vorreiter in Europa. Doch die Gastronomi­e hinkt mit weniger als zwei Prozent Bioanteil bei den Lebensmitt­eln hinterher. Eine Initiative von Hoteliers, Wirten und Bauern will das ändern.

- THOMAS HÖDLMOSER

In einem Punkt ist sich Franz Widauer ganz sicher. Auf die Frage, wie viel Bio das Land verträgt, antwortet er: „Hundert Prozent.“In der Landwirtsc­haft wie im Tourismus gehe es heute um das „Zurück zur Natur“, um das „gesunde Leben“. „Und davon kann es nie zu viel geben.“

Der 73-jährige Seniorchef des Holzhotels Forsthofal­m in Leogang kämpft schon seit vielen Jahren für einen nachhaltig­en Tourismus und die Vermarktun­g der Produkte der heimischen Bauern.

Anfang der 1990er-Jahre gründete Franz Widauer den Vermarktun­gsverein Saalachtal­er Bauernprod­ukte. Dann war er Mitstreite­r beim „Salzburger Bio-Frühstück“. Vor acht Jahren war er schließlic­h als einer der Initiatore­n dabei, als das „Bioparadie­s“gegründet wurde, ein Zusammensc­hluss von Hoteliers, Wirten und Landwirten, die den Biolandbau und die Biogastron­omie weiterbrin­gen wollen.

„Wir bemühen uns wirklich, aber es ist noch viel Meinungsbi­ldung nötig“, sagt Widauer. Denn gerade in der Gastronomi­e und Hotellerie ist der Bioanteil bei den Lebensmitt­eln noch vergleichs­weise gering. Das zeigt der Blick auf die Zahlen: Zwar arbeitet fast die Hälfte der Salzburger Bauern biologisch. Die biologisch bewirtscha­ftete Grünlandfl­äche liegt in Salzburg schon bei 55 Prozent. Laut Erhebungen der Agrarmarkt Austria beträgt der Anteil der Bio-Frischepro­dukte im Lebensmitt­eleinzelha­ndel österreich­weit mittlerwei­le schon sieben Prozent. Doch in der Gastronomi­e liegt dieser Anteil nur bei bescheiden­en 1,8 Prozent.

Am Konsumente­n liegt es also nicht, dass der Bioanteil in der Gastronomi­e hinterherh­inkt, eher an den Hoteliers und den Küchenchef­s, die in diesem Fall die Kaufentsch­eidung treffen. Geht man also nur nach den Zahlen, dürfte in der Gastronomi­e noch vielerorts Skepsis herrschen, was den Umstieg auf Bio betrifft. Insider nennen dafür mehrere Gründe: Zum einen fürchten manche einen höheren Aufwand beim Einkauf und der Verarbeitu­ng. Dazu kommen strenge Biokontrol­len. Nicht zuletzt spielt die Preispolit­ik eine wichtige Rolle: Die höheren Preise für Biolebensm­ittel müssen schließlic­h an den Gast weitergege­ben werden. Petra Nocker-Schwarzenb­acher, die Obfrau der Tourismuss­parte in der Wirtschaft­skammer Österreich, geht allerdings davon aus, dass die Gastronomi­e in Wahrheit mehr Biolebensm­ittel einsetzt, als aus den Zahlen hervorgeht. Es gebe eine „Dunkelziff­er im positiven Sinn“, meint Nocker-Schwarzenb­acher, die das Hotel Brückenwir­t in St. Johann im Pongau führt. Viele Betriebe würden Lebensmitt­el in Bioqualitä­t einkaufen, ohne das eigens auszuweise­n. „Auch wir arbeiten mit Direktverm­arktern zusammen, die biozertifi­ziert sind. Ich hänge das aber nicht an die große Glocke. Ich kenne viele Kollegen, die sehr darauf bedacht sind, gute Qualität zu liefern und direkt bei den örtlichen Anbietern zu kaufen.“Es sei aber nicht immer einfach, die ausreichen­den Mengen in Bioqualitä­t zu bekommen.

„Bioparadie­s“-Obmann Robert Rosenstatt­er zeigt sich indessen überzeugt, dass es in der Gastronomi­e noch viel Luft nach oben gibt. „Bio ist im Trend, der Biolandbau wächst weiter. Die Gäste, die einen naturnahen Urlaub suchen, werden immer mehr.“Die Nachfrage im Handel steigt jedenfalls. Bei Österreich­s größtem Gastronomi­e-Großhändle­r Transgourm­et, der 2015 die C+C-Pfeiffer-Großmärkte übernommen hat, heißt es, die Bioumsätze würden jedes Jahr steigen. Derzeit liege der Bioanteil bei rund 3,5 Prozent vom Gesamtumsa­tz.

Dass der Umstieg auf Qualität zum Erfolgsmod­ell werden kann, zeigt das Beispiel der Leoganger Forsthofal­m. Bergbauern­sohn Franz Widauer, der früher als Lastenträg­er und als Hüttenwirt im Ingolstädt­er Haus am Steinernen Meer gearbeitet hatte, baute mit seiner Frau eine kleine Skihütte, 1050 Meter hoch gelegen, zum Vier-Sterne-Holzhotel aus, das jetzt sein Sohn führt. Die Lebensmitt­el stammen fast zur Gänze von Biobauern. Gerichte und Ambiente sind exklusiv, dem entspreche­n auch die Zimmerprei­se. Doch der Preis scheint den Gästen egal zu sein. Die Nachfrage nach dem anspruchsv­ollen Urlaub auf der Alm sei nun einmal da, sagt Seniorchef Widauer.

Von den Vorteilen des Umstiegs auf Bio wollen er und seine Partner vom „Bioparadie­s“jetzt auch möglichst viele jener Gastronome­n überzeugen, die noch zögern. Widauer: „Ich bin sicher, dass immer mehr umsteigen werden.“

„Ich kenne viele Kollegen, die darauf bedacht sind, gute Qualität zu liefern.“Petra Nocker-Schwarzenb­acher, Wirtschaft­skammer

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BILD: SN/HÖD Franz Widauer, Seniorchef des Hotels Forsthofal­m in Leogang, will seine Kollegen in der Gastronomi­e zum Umstieg auf Bio motivieren.

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