„Bio kann nie zu viel sein“
Salzburg ist in der biologischen Landwirtschaft Vorreiter in Europa. Doch die Gastronomie hinkt mit weniger als zwei Prozent Bioanteil bei den Lebensmitteln hinterher. Eine Initiative von Hoteliers, Wirten und Bauern will das ändern.
In einem Punkt ist sich Franz Widauer ganz sicher. Auf die Frage, wie viel Bio das Land verträgt, antwortet er: „Hundert Prozent.“In der Landwirtschaft wie im Tourismus gehe es heute um das „Zurück zur Natur“, um das „gesunde Leben“. „Und davon kann es nie zu viel geben.“
Der 73-jährige Seniorchef des Holzhotels Forsthofalm in Leogang kämpft schon seit vielen Jahren für einen nachhaltigen Tourismus und die Vermarktung der Produkte der heimischen Bauern.
Anfang der 1990er-Jahre gründete Franz Widauer den Vermarktungsverein Saalachtaler Bauernprodukte. Dann war er Mitstreiter beim „Salzburger Bio-Frühstück“. Vor acht Jahren war er schließlich als einer der Initiatoren dabei, als das „Bioparadies“gegründet wurde, ein Zusammenschluss von Hoteliers, Wirten und Landwirten, die den Biolandbau und die Biogastronomie weiterbringen wollen.
„Wir bemühen uns wirklich, aber es ist noch viel Meinungsbildung nötig“, sagt Widauer. Denn gerade in der Gastronomie und Hotellerie ist der Bioanteil bei den Lebensmitteln noch vergleichsweise gering. Das zeigt der Blick auf die Zahlen: Zwar arbeitet fast die Hälfte der Salzburger Bauern biologisch. Die biologisch bewirtschaftete Grünlandfläche liegt in Salzburg schon bei 55 Prozent. Laut Erhebungen der Agrarmarkt Austria beträgt der Anteil der Bio-Frischeprodukte im Lebensmitteleinzelhandel österreichweit mittlerweile schon sieben Prozent. Doch in der Gastronomie liegt dieser Anteil nur bei bescheidenen 1,8 Prozent.
Am Konsumenten liegt es also nicht, dass der Bioanteil in der Gastronomie hinterherhinkt, eher an den Hoteliers und den Küchenchefs, die in diesem Fall die Kaufentscheidung treffen. Geht man also nur nach den Zahlen, dürfte in der Gastronomie noch vielerorts Skepsis herrschen, was den Umstieg auf Bio betrifft. Insider nennen dafür mehrere Gründe: Zum einen fürchten manche einen höheren Aufwand beim Einkauf und der Verarbeitung. Dazu kommen strenge Biokontrollen. Nicht zuletzt spielt die Preispolitik eine wichtige Rolle: Die höheren Preise für Biolebensmittel müssen schließlich an den Gast weitergegeben werden. Petra Nocker-Schwarzenbacher, die Obfrau der Tourismussparte in der Wirtschaftskammer Österreich, geht allerdings davon aus, dass die Gastronomie in Wahrheit mehr Biolebensmittel einsetzt, als aus den Zahlen hervorgeht. Es gebe eine „Dunkelziffer im positiven Sinn“, meint Nocker-Schwarzenbacher, die das Hotel Brückenwirt in St. Johann im Pongau führt. Viele Betriebe würden Lebensmittel in Bioqualität einkaufen, ohne das eigens auszuweisen. „Auch wir arbeiten mit Direktvermarktern zusammen, die biozertifiziert sind. Ich hänge das aber nicht an die große Glocke. Ich kenne viele Kollegen, die sehr darauf bedacht sind, gute Qualität zu liefern und direkt bei den örtlichen Anbietern zu kaufen.“Es sei aber nicht immer einfach, die ausreichenden Mengen in Bioqualität zu bekommen.
„Bioparadies“-Obmann Robert Rosenstatter zeigt sich indessen überzeugt, dass es in der Gastronomie noch viel Luft nach oben gibt. „Bio ist im Trend, der Biolandbau wächst weiter. Die Gäste, die einen naturnahen Urlaub suchen, werden immer mehr.“Die Nachfrage im Handel steigt jedenfalls. Bei Österreichs größtem Gastronomie-Großhändler Transgourmet, der 2015 die C+C-Pfeiffer-Großmärkte übernommen hat, heißt es, die Bioumsätze würden jedes Jahr steigen. Derzeit liege der Bioanteil bei rund 3,5 Prozent vom Gesamtumsatz.
Dass der Umstieg auf Qualität zum Erfolgsmodell werden kann, zeigt das Beispiel der Leoganger Forsthofalm. Bergbauernsohn Franz Widauer, der früher als Lastenträger und als Hüttenwirt im Ingolstädter Haus am Steinernen Meer gearbeitet hatte, baute mit seiner Frau eine kleine Skihütte, 1050 Meter hoch gelegen, zum Vier-Sterne-Holzhotel aus, das jetzt sein Sohn führt. Die Lebensmittel stammen fast zur Gänze von Biobauern. Gerichte und Ambiente sind exklusiv, dem entsprechen auch die Zimmerpreise. Doch der Preis scheint den Gästen egal zu sein. Die Nachfrage nach dem anspruchsvollen Urlaub auf der Alm sei nun einmal da, sagt Seniorchef Widauer.
Von den Vorteilen des Umstiegs auf Bio wollen er und seine Partner vom „Bioparadies“jetzt auch möglichst viele jener Gastronomen überzeugen, die noch zögern. Widauer: „Ich bin sicher, dass immer mehr umsteigen werden.“
„Ich kenne viele Kollegen, die darauf bedacht sind, gute Qualität zu liefern.“Petra Nocker-Schwarzenbacher, Wirtschaftskammer