Studenten bauen Utopia
FH-Studenten haben sich gefragt, wie die Zukunft aussehen kann. Mit der Digitalagentur Loop wollten sie Probleme der künftigen Menschen lösen – etwa, wie man in einer dunklen Welt navigieren kann.
AAufklappen und reden. Die Funktionsweise von Klapphandys war bei deren Einführung revolutionär. Die Idee gab es aber bereits lange, bevor die ersten Handys auf den Markt kamen: Die Erfinder der TVSerie „Raumschiff Enterprise“haben das Prinzip in den 60er-Jahren erdacht. Mit den Kommunikatoren haben die Außenteams Kontakt mit dem Raumschiff gehalten, wenn sie auf fremden Planeten waren.
Es ergebe durchaus Sinn, sich über die weit entfernte Zukunft Gedanken zu machen, sagt Thomas Kurz von der Digitalagentur Loop. Denn Science-Fiction sei vielfach ein Ankerpunkt, um eine Produktidee zu generieren – so wie die Kommunikatoren die Klapphandys inspiriert haben.
Kurz hat deshalb mit drei Kollegen das interdisziplinäre Projekt Topia gestartet, ein Mal im Monat trafen sie sich mit zwölf Studenten der FH Salzburg. Im ersten Schritt entwickelten sie drei mögliche Zukunftsszenarien. Von diesen Utopien leitete das Team dann menschliche Grundbedürfnisse ab, die in der Utopie schwer befriedigt werden könnten. Das Projekt EXO spielt etwa in einer Raumstation: „Wie kann die dreiköpfige Besatzung auf engem Raum leben, damit der soziale Umgang nicht verkümmert?“, fragte Kurz. Als dritten Punkt bauten die Studierenden Prototypen, die die Probleme der Zukunft lösen sollen. Nach zehn Monaten präsentierten sie ihre Ergebnisse.
Simon Zachhuber hat im Szenario „Perception“mitgewirkt. Die Welt sei in dieser Utopie eine finstere, beschreibt der 24-jährige Masterstudent: „Deine Umgebung ist völlig dunkel. Du kannst nichts sehen. Wirst du es schaffen, dich sicher zurechtzufinden, indem du deine anderen Sinne verwendest?“Zachhuber und sein Team entwickelten eine Art Skibrille, in der seitlich kleine Motoren installiert wurden. Wenn ein Mensch in der Dunkelheit nun in die Nähe einer Wand kommt, drückt eine Ausbuchtung sanft an die Schläfe. Zudem ertönen Geräusche. „So signalisieren wir dem Nutzer, dass hier ein Hindernis ist“, sagt Kurz. Der Prototyp funktioniere, Wagemutige fanden im Dunkeln den Weg aus einem unbekannten Raum mit Hindernissen.
Louisa Schwich war bei „Perception“die Gruppenleiterin. Sie koordinierte Termine, überzeugte potenzielle Mitstreiter und erstellte zwei Modelle der Brille auf einem 3DDrucker. All dies machte sie zusätzlich zum Masterstudium Design- und Produktmanagement. Warum sich die 25-jährige Deutsche dafür entschieden hat? „Ich fand die Idee reizvoll, sich mal ganz loszulösen und sehr weit in die Zukunft zu denken – ohne Zwänge und Vorgaben.“Die größte Herausforderung des Projekts bestand für die Studentin darin, langsam zu arbeiten. „Das ist schwer, aber auch gut: sich Zeit zu nehmen, ohne ein Ziel etwas zu erarbeiten.“Das sei eine neue Erfahrung gewesen. „Sie war es wert, wie man an den Ergebnissen sieht.“
Durch Topia habe Student Zachhuber gelernt, dass er kein gelernter Techniker oder Informatiker sein müsse, um in diesem Bereich wertvollen Input zu liefern. Von dem Projekt werde er in seiner beruflichen Zukunft profitieren: „Egal ob ich später als Designer oder im Management arbeite, ich werde mit verschiedenen Expertengruppen zu tun haben. Je mehr Erfahrung ich hier sammeln kann, desto besser.“
Eva-Maria Friedl und Mike Thomas wirkten beim Szenario „4th View“mit. Ihre Zukunftsvision ist ebenfalls keine positive: Die Menschen ziehen unter die Erde, die Erdoberfläche wird der Natur zurückgegeben. „In unserer Welt hat jeder alles – die Menschen müssen aber dennoch unterhalten werden“, sagt Friedl, die Informationstechnik und System-Management studiert. Freizeitangebote sollen die Leute unter der Erde bei Laune halten und gleichzeitig zur Produktion von Lebensmitteln beitragen. Leerstehende Fabriken und Gebäude werden dafür bepflanzt: Die Bevölkerung unter der Erde steuert Drohnen, um das Gemüse auf der Erdoberfläche zu ernten.
Doch wie können die Bewohner unter der Erde sehen, wohin sie die Drohne lenken? „Die Virtual-Reality-Drohnensteuerung ermöglicht die Verbindung zwischen zwei Welten – der virtuellen und der realen. Ein User kann so in der virtuellen Realität eine Drohne in der echten Welt lenken“, sagt Friedl. Die menschliche Sicht werde zu einer „4th View“erweitert. Dadurch könnte man schneller und sicherer in unbekannte Gebiete vordringen, die für Menschen gefährlich sind – weil sie etwa verstrahlt sind.
Das klingt kompliziert. War es auch, sagt Mike Thomas: „Wir waren unsicher, ob die unterschiedlichen von uns genützten Systeme überhaupt zusammenarbeiten würden.“Am Ende des Projekts funktionierte jedoch alles, sagt Friedl. Die Besucher bei der finalen Präsentation konnten selbst die Drohne steuern – und einen verletzten Bergsteiger finden, der sich auf die Oberfläche gewagt hatte. Nach Fund des Verletzten könne mittels Virtual Reality die Absturzstelle untersucht werden. „Im virtuellen Raum kann man sich frei bewegen und so erste Entscheidungen über Aufstieg und Bergung treffen.“
Was ich gelernt habe? Langsam machen. Sich Zeit nehmen. Louisa Schwich, Studentin