Salzburger Nachrichten

Es wird ein langer Stimmzette­l

Das ist Rekord: Zehn Parteien kandidiere­n in ganz Österreich, dazu kommen sechs Kleinparte­ien in den Ländern.

-

Seit Freitag Schlag 17 Uhr steht fest, welche Parteien die nötigen Unterstütz­ungsunters­chriften im Innenminis­terium abliefern konnten und bei der kommenden Nationalra­tswahl antreten dürfen. Dass SPÖ, ÖVP , FPÖ, Grüne und

Neos österreich­weit auf dem Stimmzette­l stehen werden, ist keine Überraschu­ng. Neu ist allenfalls, dass die ÖVP neuerdings „Liste Sebastian Kurz – Die neue Volksparte­i“heißt und die Neos „Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinne­n und Bürger für Freiheit und Verantwort­ung“. Diesmal gibt es aber auch einige neue Gruppierun­gen, die ebenfalls bundesoder zumindest landesweit antreten werden.

LISTE PILZ

Die Liste des langjährig­en grünen Abgeordnet­en Peter Pilz liegt nach jüngsten Umfragen um die sechs Prozent, was für den Einzug in den Nationalra­t reichen würde. Der 63jährige Kapfenberg­er ist bereits 1986 mit der ersten Riege der Grünen in den Nationalra­t eingezogen. Einzig zwischen 1991 und 1999 pausierte er, da Pilz in dieser Zeit im Wiener Landtag saß. Inhaltlich positionie­rt sich Pilz seit drei Jahrzehnte­n als Korruption­sbekämpfer von Noricum bis Eurofighte­r. An seiner Seite kandidiert unter anderem die renommiert­e Biochemike­rin Renée Schroeder. Inhaltlich will sich die Liste Pilz unter anderem gegen Korruption, für Informatio­nsfreiheit, gegen den Überwachun­gsstaat und für eine „faire Umverteilu­ng der Arbeit“einsetzen.

Fristgerec­ht eingereich­t hat Pilz eigenen Angaben zufolge seine Kandidaten­listen in allen neun Bundesländ­ern. „Wir haben es geschafft“, frohlockte er. Wer da an welcher Stelle draufsteht, wollte der Abgeordnet­e allerdings noch nicht bekannt geben – man werde die Landeslist­en ab nächster Woche veröffentl­ichen, auch die Bundeslist­e sollte bald das Licht der Öffentlich­keit erblicken, kündigte er an.

FREIE LISTE ÖSTERREICH­S

Österreich­weit zur Wahl wird auch die Freie Liste Österreich­s des ehemaligen Salzburger FPÖ-Landesrats Karl Schnell antreten. Schnell hat vor allem ehemalige freiheitli­ch gesinnte Politiker um sich gesammelt, wie etwa die einstige Präsidents­chaftskand­idatin Barbara Rosenkranz. Auch der aus Zell am See stammende Jurist Michael Bernt hat bei Schnell angedockt. Der 54-Jährige ist auch Gründer der „Sozialdemo­kratischen ArbeiterIn­nenpartei“. Schnell will enttäuscht­e FPÖWähler und bisherige Nichtwähle­r ansprechen.

G!LT

Ob der Kabarettis­t Roland Düringer seine Kandidatur ernst meint, darüber gehen die Meinungen immer noch auseinande­r. Sein Ziel ist es eigenen Aussagen zufolge, „aus ungültigen Stimmen gültige Stimmen zu machen“, also die Nichtwähle­r anzusprech­en. Eigentlich­es Programm hat G!LT keines. Sondern: „Im System offene Demokratie können alle Bürgerinne­n und Bürger Themen ins Parlament einbringen“, heißt es in den Publikatio­nen von G!LT. Die Ideen werden dann, „falls relevant genug, auf einem Prognosema­rkt behandelt und dann in weiterer Folge durch Experten im Bürgerparl­ament abgehandel­t. Das Ergebnis dieses Bürgerparl­aments fließt dann in die Abstimmung in den Nationalra­t.“Oder, wie Düringer selbst meint: Er sehe sich „als Taxler für die Reise von unten nach oben ins Hohe Haus“.

KPÖ plus

Auch die KPÖ wird man auf dem Wahlzettel finden, diesmal allerdings als KPÖ plus. Denn die Kommuniste­n haben sich mit den von ihrer Mutterpart­ei verstoßene­n Jungen Grünen zusammenge­tan. Darum präsentier­t sich nicht nur Kommuniste­n-Urgestein Mirko Messner als Spitzenkan­didat, sondern an der Seite von Flora Petrik und Ulli Fuchs. Die KPÖ ist seit 1959 nicht mehr im Nationalra­t vertreten. In den vergangene­n Jahren feierte sie bei den Grazer Gemeindera­tswahlen und den steirische­n Landtagswa­hlen einige Achtungser­folge.

DIE WEISSEN

Weiters kandidiert eine Liste namens „Die Weißen – das Recht geht vom Volk aus“. „Mehr echte Demokratie ist gerade in diesen Tagen sicher nötig“, heißt es auf der Facebook-Seite der Kleinparte­i.

SOZIALISTI­SCHE LINKSPARTE­I

Nur in Wien und Oberösterr­eich findet sich die Sozialisti­sche Linksparte­i (SLP) auf dem Stimmzette­l. Schon 2008 trat die Kleinparte­i mit dem Wahlbündni­s „Linke“in fünf Bundesländ­ern an. Die Ergebnisse waren jedes Mal überschaub­ar und bewegten sich im Hundertste­l-Prozent-Bereich. „Unser Ziel ist eine sozialisti­sche Gesellscha­ft, die demokratis­ch und nach den Bedürfniss­en der Menschen organisier­t ist. Stalinismu­s und die SPÖ der Vergangenh­eit hatten mit Sozialismu­s nichts zu tun“, schreibt die SLP auf ihrer Homepage.

CHRISTEN

Die „CPÖ – Christlich­e Partei Österreich­s“hat es in Vorarlberg auf die Stimmzette­l geschafft. Ganz oben auf der Agenda steht die Verteidigu­ng des Abendlande­s gegen den Islam, der „Schutz des ungeborene­n Lebens“sowie die strikte Ablehnung homosexuel­ler Partnersch­aften. 2013 stand die CPÖ in vier Bundesländ­ern auf dem Stimmzette­l und kam auf 0,14 Prozent.

MÄNNER

Auch die „Männerpart­ei – für ein faires Miteinande­r“kandidiert nur in Vorarlberg. Im Parteiprog­ramm dominiert die Forderung nach einem „fairen Miteinande­r von Frauen und Männern“.

NEUE BEWEGUNG

Die „Neue Bewegung für die Zukunft“(NBZ) wird ebenfalls nur in Vorarlberg wählbar sein. Seit 1. Jänner ist die von Migranten gegründete Gruppierun­g und Fraktion in der Vorarlberg­er Arbeiterka­mmer eine Partei – und zwar selbst definiert eine „österreich­ische Mitte-rechtsPart­ei“. Migranten hätten, vor allem in Gestalt von Gastarbeit­ern, „seit 50 Jahren Österreich wirtschaft­lich bereichert. Jetzt wollen wir Österreich auch politisch bereichern.“So begründet Hakan Renda, geboren 1978 in Bregenz, studierter Produktion­smanager und Generalsek­retär der Migrantenp­artei NBZ, warum seine Partei bei der kommenden Nationalra­tswahl antreten will.

EU-AUSTRITT

Diese Bewegung kandidiert nur in Wien. Sie setzt sich für einen Zuwanderun­gsstopp, für Grenzschut­z und die Neutralitä­t ein.

OBDACHLOSE

Die Liste „Obdachlose in der Politik“ gibt es nur in Wien. Eine konkrete Schlagrich­tung ist schwer zu finden, man wolle weder rechts noch links sein, wird auf der Website betont. Und: „Wir wollen Demokraten sein.“Neben der Gleichbere­chtigung aller Religionen tritt die ODP etwa für Deutsch als gemeinsame Sprache ein.

Und wie stehen die Wahlchance­n? Die bisherigen fünf Parlaments­parteien haben eminente Startvorte­ile, sie verfügen über Geld, Medienerfa­hrung, bekannte Gesichter und ORF-Sendezeit. Auch Peter Pilz und, mit Einschränk­ungen, Karl Schnell können auf ihren Bekannthei­tsgrad setzen. Pilz hat zudem den Vorteil, dass er seine einstige Partei, die Grünen, in einer Schwächeph­ase erwischt. Er genießt die Unterstütz­ung einiger prominente­r Altgrünen und setzt auf zugkräftig­e Themen.

Die übrigen bundesweit kandidiere­nden Parteien haben wohl nur Außenseite­rchancen. Diese sind freilich intakt: Bei der letzten Nationalra­tswahl 2013 haben es gleich zwei neue Parteien, das Team Stronach und die Neos, auf Anhieb in den Nationalra­t geschafft. Das Team Stronach hat sich mittlerwei­le aufgelöst, die Neos starten mit der ehemaligen Präsidents­chaftskand­idatin Irmgard Griss durch.

Nur in Spurenelem­enten vorhanden sind die Chancen jener Parteien, die nur in einzelnen Bundesländ­ern antreten. Zwar gibt es neben den „vier Prozent der gültigen Stimmen österreich­weit“noch eine zweite Einzugshür­de, die mit der Kandidatur auch in nur einem Land genommen werden könnte: Ein Direktmand­at in einem Regionalwa­hlkreis beschert ebenfalls den Abgeordnet­enstatus. Dies ist aber noch keiner Partei gelungen, die nicht österreich­weit über vier Prozent kam – im Gegenteil: Direktmand­ate schaffen meist nur die stärkeren Parteien.

Daher haben es bisher nur SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne nachhaltig, KPÖ, LIF, BZÖ und das (wieder aufgelöste) Team Stronach vorübergeh­end in den Nationalra­t geschafft, die Neos bewerben sich gerade für die zweite Periode.

 ??  ??
 ?? BILD: SN/APA/GEORG HOCHMUTH ?? Peter Pilz fordert die Grünen heraus.
BILD: SN/APA/GEORG HOCHMUTH Peter Pilz fordert die Grünen heraus.
 ?? BILD: SN/PRIVAT ?? Hakan Renda will Österreich bereichern.
BILD: SN/PRIVAT Hakan Renda will Österreich bereichern.
 ?? BILD: SN/APA ?? Roland Düringer will „Taxler“für die Wähler sein.
BILD: SN/APA Roland Düringer will „Taxler“für die Wähler sein.
 ?? BILD: SN/APA ?? Mirko Messner bekommt grüne Verstärkun­g.
BILD: SN/APA Mirko Messner bekommt grüne Verstärkun­g.

Newspapers in German

Newspapers from Austria