Rapid spielt sich ins Abseits
Unsportlichkeiten auf und neben dem Rasen, und auch sportlich läuft es nicht rund: Der Rekordmeister steckt in einer Rekordkrise.
WIEN. Was ist bloß mit Rapid los? Diese Frage beschäftigt Fußballfans genauso wie die Verantwortlichen des einst so stolzen Rekordmeisters. Der ist derzeit nur mehr ein Schatten seiner selbst.
Nach einer Pleiten-, Pech- und Pannensaison mit zwei Trainerentlassungen und einer Neubesetzung des Sportdirektor-Postens sollte in diesem Spieljahr eigentlich Ruhe einkehren. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Rapid schlitterte vor einer Woche gegen die Admira nach einer sportlich enttäuschenden Vorstellung in eine 1:3-Niederlage. Dazu provozierten scheinbar unbelehrbare Rapid-Anhänger neuerlich eine Spielunterbrechung. Bereits eine Woche zuvor hatten grün-weiße Radaubrüder im Wiener Derby zahlreiche Gegenstände auf das Spielfeld geworfen und für einen zwischenzeitlichen Abbruch gesorgt.
Diese Vorfälle und die offensichtliche Hilflosigkeit des Vereins haben einmal mehr gezeigt, dass Rapid nicht nur in einer sportlichen Krise steckt. Immer mehr gerät auch die Clubführung mit Präsident Michael Krammer an der Spitze in die Kritik. Nach den Ausschreitungen und Pyrotechnik-Vergehen im Fanblock hofft Sportdirektor Fredy Bickel auf „Selbstreinigungskräfte in der Fanszene“. Am Freitag reagierte der Club selbst zumindest zaghaft und sprach als Reaktion auf die Derby-Vorfälle sechs Stadionverbote bedingt auf zwei Jahre aus.
Seit man sich im Juni 2016 mit fadenscheinigen Argumenten vom (erfolgreichen) Trainer Goran Barisic getrennt hat, befindet sich Rapid im Abwärtsstrudel. Die Trainer Mike Büskens und noch viel mehr dessen Nachfolger Damir Canadi erwiesen sich als Fehlentscheidungen. Zwischendurch galt Rapid sogar als Abstiegskandidat. Der aktuelle Chefcoach Goran Djuricin geriet nach dem Match gegen die Admira in die Schlagzeilen, weil er Admiras Tormanntrainer Walter Franta nach einem Disput ins Gesicht gespuckt haben soll. Die nächste fragwürdige Aktion folgte sogleich mit der offiziellen Stellungnahme Djuricins, der die Unterstellung, ihn angespuckt zu haben, „auf das Allerschärfste“zurückwies. Er habe sich zu der Geste, „die in dem Kulturkreis gebräuchlich ist, in dem ich meine Wurzeln habe, hinreißen lassen und das Spucken angedeutet“, erklärte der Trainer mit serbisch-kroatischen Wurzeln. „Mit der Geste beantwortet man Respektlosigkeiten, aber dies war natürlich auch von mir respektlos und dafür möchte ich mich entschuldigen“, sagte Djuricin.
Einen Tag danach wurde Rapid vom Senat 1 der österreichischen Bundesliga wegen der Ausschreitungen im 322. Wiener Derby zu einer Geldstrafe von 30.000 Euro verdonnert. Die Vorfälle bei der Admira werden am Montagabend verhandelt. Rapid wird wieder tief in die Tasche greifen müssen. Inzwischen ist der Schaden, den der Verein zu tragen hat, nicht nur imagemäßig, sondern auch finanziell beträchtlich. In den letzten sieben Jahren belaufen sich Geldstrafen wegen Verfehlungen der Fans auf rund eine Million Euro. Eine wahnwitzige Summe, wenn man bedenkt, dass der Traditionsclub oft als Musterbeispiel für tollen Support auf der Tribüne gilt.
Und offenbar färbt dieses neue Verhaltensmuster bei Rapid auch auf die Spieler ab. Mit den Unsportlichkeiten der Fans und des Trainers ist auch bei den Profis die Quote an Fehltritten markant gestiegen – in vier Spielen gab es drei Rote Karten. Gegen die Admira schoss Thomas Murg aus Frust den Schiedsrichterassistenten an der Seitenlinie ab und wurde dafür ein Spiel gesperrt. Er fehlt damit im heutigen Heimspiel (16 Uhr) gegen Tabellenführer Sturm Graz.
Nicht auszumalen, was passieren wird, im Fanblock, auf dem Spielfeld oder in der Coachingzone, sollte Rapid abermals verlieren …