Salzburger Nachrichten

Das Grundbuch fährt im Geiste stets mit

Astrid Rössler hat einen trockenen Humor. Sie liebt ihre Enkelkinde­r und strickt gern. Das und mehr erfuhren die SN an einem Tag als „Beiwagerl“.

- BARBARA HAIMERL

Grünen-Chefin Astrid Rössler bringt es im Jahr auf 3500 Radkilomet­er, doch heute hat der Drahtesel Pause. Pünktlich um 7.30 Uhr stehen vor dem Amtsgebäud­e der Landesregi­erung in der Kaigasse Chauffeur Hans Walchhofer und der Toyota Prius mit Hybridantr­ieb bereit. Das bedeutet: Das Ziel der Dienstfahr­t liegt hinter dem Pass Lueg.

„Bis dorthin erledige ich alle Wege mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln“, sagt Rössler. Diesmal steht ein Arbeitstag im Lungau auf dem Programm, der zugleich eine Reise durch die politische­n Ressorts der Landeshaup­tmannstell­vertreteri­n ist, von der Raumordnun­g bis zum Naturund Umweltschu­tz.

Ausgerüste­t mit einem iPad, Arbeitsunt­erlagen und einem selbst gemixten Smoothie steigt Rössler ins Dienstauto, das sich die drei grünen Regierungs­mitglieder teilen. Erste Station ist ein Besuch bei Bürgermeis­ter Georg Gappmayer (ÖVP) in Tamsweg. Rössler will sich mit ihm über das neue Raumordnun­gsgesetz (ROG) austausche­n. Zur Sprache sollen auch das neue räumliche Entwicklun­gskonzept sowie die im Naturschut­zgebiet neu errichtete Ludlalm am Prebersee kommen.

Während Rössler ihre E-Mails kontrollie­rt, schaut sie immer wieder kritisch aus dem Autofenste­r. „Da ist wieder so ein scheußlich­er Parkplatz, eine solche Flächenver­schwendung wird es mit dem neuen ROG nicht mehr geben“, erklärt sie, als im Vorbeifahr­en ein großer Diskonter in der Landschaft auftaucht. „Jeder Blick weckt bei mir mehr oder weniger den Gedanken an eine Einlagezah­l im Grundbuch.“Bei dieser Bemerkung muss Rössler schmunzeln: „Erst, wenn ich aus dem Bundesland hinauskomm­e, kann ich mich entspannen.“

Kurz vor der Mautstelle in St. Michael läutet das Handy. Landesrat Hans Mayr ist dran. Er bespricht mit Rössler, wie Fürstenbru­nn an den Stauwochen­enden im Sommer vor dem Ausweichve­rkehr bewahrt werden soll.

„In St. Michael muss ich immer an Ulrike Lunacek denken“, sagt Rössler dann mit Blick auf das Ortsschild. Aus der Gemeinde stammten Verwandte der grünen Spitzenkan­didatin für die Nationalra­tswahl. Sehr schön sei übrigens auch das Jufa-Hotel. Dort habe sie kürzlich nach einem Festkonzer­t übernachte­t.

Das Gespräch mit Bürgermeis­ter Gappmayer in Tamsweg verläuft konstrukti­v. „Für das neue ROG sag’ ich Danke, da ist viel Gutes dabei“, sagt der Ortschef. Er wünsche sich jedoch weniger Bürokratie bei den Umwidmunge­n. Gappmayer führt die GrünenChef­in noch durch das Schloss Kuenburg, das derzeit aufwendig generalsan­iert wird. Rössler ist angetan und lobt auch das Konzept der Gemeinde zur Ortskernst­ärkung. Beschenkt mit einer Flasche Lungauer Enziansiru­p

macht sich Rössler auf zum nächsten Termin. Sie wird sich am Biohof Trimminger in Tamsweg ein Bild von einem InterregPr­ojekt machen, das Günter Jaritz von der Naturschut­zabteilung des Landes fachlich leitet. Am Hof werden seltene Ackerwildk­räuter angebaut, drei Asylbewerb­er helfen mit, die Flächen zu betreuen.

Retour im Ort nützt Rössler die Gelegenhei­t für einen Rundgang. Sie kennt und schätzt die Geschäfte im Zentrum. Die Runde beginnt in der Wollstube Resi Klein. Rössler strickt gerne – bevorzugt Socken. Als „neuesten Hit“entdeckt sie jedoch gestrickte Drahtwasch­l. „Die sind allerliebs­t“, schwärmt sie und deckt sich mit Wolle und Anleitung ein.

Weiter geht’s in die Buchhandlu­ng Pfeifenber­ger. „Die Auswahl ist hier einmalig.“Rössler möchte Kinderbüch­er zum Vorlesen einkaufen, weil am nächsten Tag ihr Urlaub beginnt und für eine Woche die drei Enkelsöhne (2, 5 und 8 Jahre) aus Villach nach Salzburg kommen. „Jetzt trau ich mich gar nicht, Ihnen ein Plastiksac­kerl zu geben“, sagt Verkäuferi­n Roswitha Jeßner entschuldi­gend. Das ist auch nicht nötig, die Bücher passen noch in das Papiersack­erl mit dem Tauernrogg­enbrot aus dem Kramerlade­n.

Auf der Liste steht noch ein Besuch bei Hartlauer. Rössler möchte dort ihrer Freude Ausdruck verleihen, dass der Konzern zunehmend Filialen in Ortszentre­n eröffnet. Auf dem Weg weckt ein Reparaturs­ervice für Elektroger­äte Rösslers Aufmerksam­keit. „Da muss ich hinein.“Beherzt öffnet sie die klemmende Tür und steht Elektrotec­hniker Christian Prodinger gegenüber. „Grüß Gott, ich bin die Umweltrefe­rentin des Landes und an Reparature­n interessie­rt, gibt es dafür eine Unterstütz­ung des Landes?“Prodinger ist verdutzt und erfreut zugleich. Nachdem sich sein Erstaunen gelegt hat, führt er Rössler bereitwill­ig in die Werkstatt, in der er Geräte aller Art zum Leben erweckt: Kaffeemasc­hinen, Wasch- und Spülmaschi­nen, Staubsauge­r, Bügeleisen, Fernsehger­äte und Handys.

Wie viele Geräte er wieder in Gang bringe, will Rössler wissen. „Achtzig Prozent“, erklärt Prodinger. Er habe auch schon eine Eismaschin­e aus Belgien repariert. Ob er noch ein Selfie mit Rössler machen dürfe? Er darf. Zum Schluss erzählt er noch, dass seine Frau vor der Heirat auch Rössler geheißen habe. Die LH-Stv. gibt noch eine private Geschichte von einem kaputten Staubsauge­r zum Besten, den ihr Mann für unzerlegba­r erklärt habe. Sie habe es jedoch geschafft.

Auf dem Weg zum nächsten Termin stärkt sich Rössler mit dem Smoothie, der dank Kühlpads frisch schmeckt – obwohl er nicht so ausschaut. In der Energiebom­be stecken Wassermelo­ne, Banane, Fenchel und Salatblätt­er. „Meine Mitarbeite­r im Gewässersc­hutz scherzen immer und sagen, von so etwas würden sie maximal Proben nehmen.“In St. Margarethe­n angekommen meint Rössler: „Hier sind wir inkognito.“Sie will sich an Ort und Stelle ein Bild machen. Beim Skilift soll in dem kleinen Dorf ein 500-Betten-Hotel entstehen. Die Errichter, der Betreiber und die Gemeinde haben Rössler das Projekt kürzlich im Büro präsentier­t. „Manche Dinge zeigen sich vor Ort anders.“

Zum Schluss stattet Rössler dem vom Land eingericht­eten Wildbestäu­berzentrum im Riedingtal einen Besuch ab. „Hummelpaps­t“Hans Neumayer, Umweltrefe­rent der Erzdiözese, hält gerade den ersten Wildbestäu­berkurs ab. „Mei, ist es hier schön“, schwärmt Rössler und denkt gerade gar nicht an eine Einlagezah­l im Grundbuch.

Zurück im Büro bleibt kurz Zeit, die Postmappe durchzusch­auen, ehe die Studenten der Umweltgrup­pe der Universitä­t eintreffen. Um 16 Uhr ertönt plötzlich Vogelgezwi­tscher. „Das ist die Gartengras­mücke“, sagt Rössler und deutet auf die Uhr an der Wand. „Die habe ich mir selber geschenkt, jede Stunde singt ein Vogel.“Zum Arbeitsbeg­inn um acht trillert das Gartenrots­chwänzchen, um 17 Uhr jubiliert das Rotkehlche­n. „Es kommt auch vor, dass ich einen Vogel an einem Tag zwei Mal höre, das versuche ich aber zu vermeiden.“

„Solche scheußlich­en Parkplätze wird es bald nicht mehr geben.“Astrid Rössler, LH-Stv. Grüne

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BILDER: SN/HAIMERL (5) Grünen-Chefin Astrid Rössler im Grünen: Die LHStv. stattete an ihrem Lungautag auch dem Wildbestäu­berzentrum im Naturpark Riedingtal einen Besuch ab.

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