Was treiben Politiker den ganzen Tag?
Ihr Alltag ist weniger glamourös, als die meisten Wähler glauben. Ein Emmanuel Macron schaut nicht jeden Tag vorbei. Was bleibt, ist ein Knochenjob.
Die folgende Episode ist in Erinnerung geblieben, weil sie so typisch ist: Als Wilfried Haslauer vor einigen Jahren Tina Widmann als Quereinsteigerin in die Landesregierung holte, sollte sich die bis dahin völlig Unbekannte auf der Pressekonferenz selbst charakterisieren. Sie tat das unter anderem mit den Worten: „Man findet mich im Winter auf den Skipisten und im Sommer schwammerlsuchend im Wald.“Worauf der ÖVP-Parteichef lapidar einwarf: „Man fand dich . . .“
Damit war alles gesagt: Wer in die Politik geht, lässt Privatleben und Freizeit zu einem großen Teil hinter sich. Politik ist ein Knochenjob. Am aufreibendsten ist er für jene, die (noch) keine hauptberuflichen Politiker sind. Sie müssen Brotberuf und politisches Engagement unter einen Hut bringen. Wofür der Tag eigentlich 48 Stunden haben sollte. Die laufende SN-Serie, in der Redakteure Landespolitiker einen Tag lang begleiten, zeigt das.
Müssen uns Politiker also leidtun? Ja und nein.
Ja, weil sich viele von ihnen abstrampeln, und das meist weder gesehen noch gewürdigt wird.
Nein, weil dieses Abstrampeln der Preis von Macht und Prestige ist. Beides kann süchtig machen, weshalb so viele von der Droge Politik nicht lassen wollen oder können. Das sind die Sesselkleber.
Glamourös sind nur wenige Anlässe im Leben von Politikern: ein Festspielabend mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zum Beispiel. Der große Rest besteht aus Sitzungsmarathons und Repräsentation. Wobei Ersteres unumgänglich ist: Bis eine Schule gebaut, ein Betrieb angesiedelt, die Raumordnung novelliert oder ein Fahrplan geändert ist, sind unzählige Abstimmungen und Verhandlungen nötig.
Anders verhält es sich mit den Repräsentationspflichten. Ob Politiker wirklich auf jeder Hochzeit tanzen müssen, sei dahingestellt. Einerseits kommen sie viel unter die Leute – und haben so das Ohr am Volk. Das ist Grundvoraussetzung dafür, dass sie ihren Job gut machen. Andererseits geht zwischen Bieranstich und Band-Durchschneiden viel Zeit und Energie verloren, die besser genutzt werden könnte.
Zumal sich das Volk als undankbar erweist. Zwar wollen sich Veranstalter von Festen, Feiern und Jubiläen mit der Anwesenheit möglichst hochrangiger Politiker schmücken. (Und wehe, die kommen nicht oder lassen sich vertreten. Dann wird
Die Regierung hat sich ein politikfreies Wochenende auferlegt
das als Beweis genommen für die Abgehobenheit der Volksvertreter.) Aber gleichzeitig sind Politiker so wenig angesehen wie noch nie.
Zu viele Politiker sollen und wollen alles zugleich sein: volksnah und intellektuell, Entertainer und Staatslenker,
Alleinunterhalter und Teamarbeiter. Rollen ersetzen die Identität, der Mensch und seine Haltungen werden zugedeckt, Hyperaktivität wird mit Handlungskraft verwechselt. Weiter geht am Ende nichts mehr.
Die Salzburger Landesregierung befolgt zum Selbstschutz ihrer Mitglieder seit Jahren die Regel, ein Wochenende im Monat politikfrei zu halten – außer es ist Wahlkampf oder wirklich wichtig.
Auch Politikern sollte zugestanden werden, was der Großteil der Menschen für sich reklamiert: geregelte Arbeitszeiten – und Wochenenden, an denen man ihnen höchstens beim Schwammerlsuchen oder Skifahren begegnen kann.