18 Augen blicken anders auf die Welt
Immer mehr Menschen besuchen Kunst-Fotokurse. Neun Salzburger Künstler haben sich zum Kollektiv „blurred“zusammengeschlossen.
OBERTRUM. Aus den Wänden ragen Rohre, an der Decke klebt Schimmel. Eigentlich wirken die ehemaligen Gärhallen der Trumer Privatbrauerei in Obertrum nicht einladend.
Doch für das Fotokollektiv „blurred“ist das alte Gebäude ein idealer Schauplatz. Hier präsentieren die neun Fotokünstler ihre erste gemeinsame Ausstellung. „Normalerweise sieht man Kunst an weißen Museumswänden. Doch diese Hallen hier zeugen vom Vergehen der Zeit“, sagt Angelika Wienerroither. Die Fotokünstlerin, die in ihren Arbeiten selbst mit dem Verfallsprozess von Fotos angesichts äußerer Einflüsse wie Salz oder Tee spielt, hat das Kollektiv gegründet.
Kennengelernt haben sich die Teilnehmer bei einem Workshop im Fotohof. Die Salzburger Galerie ist auch eine wichtige Ausbildungsstätte. Rund 100 Salzburger jährlich besuchen hier Fotokurse. Der Frauenanteil liegt bei 70 Prozent – Tendenz steigend. „Man kann heutzutage mit Smartphones permanent fotografieren“, sagt Fotohof-Chef Herman Seidl. „Ziel unserer Workshops ist, sich inhaltlich mit dem Medium auseinanderzusetzen. Mit der Zeit entwickelt sich ein eigener Blick. Es entsteht der Drang, kreativ zu sein.“
Bis zu ein Jahr arbeiten die Teilnehmer kontinuierlich mit den Referenten. In Obertrum ist das Ergebnis eines derart langfristigen Arbeitsprozesses zu sehen. „Man sieht in dieser Ausstellung die unterschiedlichen Spielarten der Fotografie“, erläutert Seidl, der die Gruppe weiterhin unterstützt.
Viele der Künstler folgen in ihren Arbeiten einem roten Faden. Sigrid Riepl wickelt ihn sogar um biografisch bedeutsame Orte und bildet ihn dann ab. Alexandra Neubacher zeigt eine Auswahl jener Fotos, die sie über Jahre hinweg aus ihrer Wohnung gemacht hat. Das Serielle prägt auch die Arbeiten von Christian Streili („At Home“), Gerhard Kowald („still.LEBEN.migration“), Rudolf Hametner („Entlang der Salzach“), Rudolf Gmeinbauer („Fussreisen“) und Walter Tichy („Unnoticed Places“).
Und Michaela Fellner setzt Obertrum selbst ins Bild, dokumentiert Alltag zwischen Trachtenmusikkapelle und Dartrunde. Auch in ihrem „Instawalk“durch den Ort am Samstag um 10 Uhr wollen die Fotokünstler die Obertrumer einbinden. Die Fotos werden auf Instagram hochgeladen.
Die historische Gärhalle indes erfüllt ihren Zweck als Pop-upGalerie nur für kurze Zeit. Nach einer Woche ist die Ausstellung am Sonntag schon wieder Geschichte. Flüchtig wie der Moment, den der Fotograf festzuhalten versucht.
„Uns geht es nicht um Technik, sondern um inhaltliches Arbeiten.“Herman Seidl, Galerie Fotohof