Aufmerksamkeit
Die großen drei dominieren den Wahlkampf. Besonders für die Kleinparteien ist es schwierig, ihre Botschaft an die Wählerinnen und Wähler zu bringen.
WIEN. Dieser Wahlkampf hat es in sich. Vor allem die kleineren Parteien tun sich schwer, sich in der Auseinandersetzung der drei großen – also SPÖ, ÖVP und FPÖ – um Platz eins Gehör zu verschaffen. Umfragen verheißen für Grüne, Neos und die Liste Pilz derzeit maximal fünf bis sechs Prozent der Stimmen und damit bei Weitem nicht das, was sie sich zum Ziel gesetzt haben. Jede der drei Listen will zumindest zehn Prozent erreichen.
Und dann gibt es noch österreichweit vier Kleinparteien, die ebenfalls in den Nationalrat einziehen wollen und denen es noch ein Stück schwerer fällt, die Aufmerksamkeit der Wählerinnen und Wähler zu gewinnen.
Da wäre einmal die KPÖ plus. Die Kommunisten, die diesmal gemeinsam mit den Jungen Grünen, die von ihrer Mutterpartei ausgeschlossen worden sind, antreten, sitzen seit dem Jahr 1959 nicht mehr im Nationalrat. Rund ein Prozent der Stimmen konnten sie bei den vergangenen Wahlen österreichweit auf sich vereinen. In einzelnen Bundesländern und Städten, etwa in Graz, waren die Wahlergebnisse deutlich besser.
Diesmal versucht die KPÖ plus mit ihren Spitzenkandidaten Mirko Messner und Flora Petrik mit dem Slogan „Sie stehlen uns die Zukunft. Wir holen sie uns zurück!“zu punkten. Ihre Forderungen: die 30-Stunden-Woche mit vollem Lohn- und Personalausgleich, die Senkung der Politikergehälter, Steuern auf hohe Vermögen, eine Wertschöpfungsabgabe und eine massive Ausweitung des öffentlichen Wohnbaus bzw. Mietobergrenzen. „Nicht der Reichtum weniger, sondern das Wohl von allen ist das Ziel", erklärte Messner vor Kurzem. Der frühere Salzburger Landesrat Karl Schnell und seine Freie Liste Österreich (FLÖ) stehen auf der anderen Seite des politischen Spektrums. Schnell hat vor allem ehemalige FPÖ- und BZÖ-Politiker um sich versammelt. Als Spitzenkandidat in fungiert diee he maligeFPÖ Abgeordnete und Bundespräsident schafts kandidat in Barbara Rosen kranz. Mit dem Slogan„ Unser Herz schlägt für Österreich“ziehen Schnell und seine Mitstreiter in den Wahlkampf. Die FLÖ sieht sich als die wirklichen Freiheitlichen, da die FPÖ viele ihrer ehemalige Positionen aufgegeben habe. Mit Forderungen wie kein Asyl nach illegaler Einreise, Schaffung eines Bundesgrenzschutz es zur Sicherung der Staatsgrenzen, sofortige Abschiebung krimineller Asylbewerber und radikaler Fanatiker, Recht auf Erwerb, Besitz und Führen von Waf- fen versuchen sie die Wählerschaft zu ködern. Dazu kommen der Wunsch nach Ausbau der direkten Demokratie und nach einer Totalreform der Europäischen Union. Sollte diese nicht möglich sein, sollte eine Volksabstimmung über den Austritt aus der EU abgehalten werden. Neben KPÖ plus und FLÖ treten noch die Liste G!LT und Die Weißen bei der Nationalratswahl an. G!LT wurde vom Kabarettisten Roland Düringer ins Leben gerufen. Er betonte, dass es ihm vor allem darum gehe, den bisherigen Nichtwählern wieder eine Stimme zu geben. G!LT tritt für eine offene Demokratie ein, die eine verstärkte Mitsprache der Bürger in den politischen Entscheidungsprozesse bringen soll. Ihr Wahlprogramm will die Liste G!LT diesen Freitag präsentieren. Bleiben noch Die Weißen, die mehr Bürgerbewegung als Partei sein wollen. Die Liste will die direkte Demokratie ausbauen, etwa mittels Handy-App. Damit sollen die „Geschäftsbedingungen“des derzeitigen Systems verbessert werden. Was daran derzeit nicht passt, machten Die Weißen an einem Vergleich anschaulich: „Wir bestellen eine Vase und dürfen sie erst in fünf Jahren wieder umtauschen.“Vorbild für Die Weißen ist übrigens die Schweiz. Dort werde vorgezeigt, wie direkte Demokratie funktioniere. Spitzenkandidatin ist Isabella Heydarfadai.
All diesen Parteien ist eines gemeinsam: Der Weg in den Nationalrat wird schwierig. Davon ist der Salzburger Politikwissenschafter Reinhard Heinisch überzeugt. Dies hänge damit zusammen, dass sich der Wahlkampf auf die Frage zugespitzt habe, wer von den drei großen Parteien die Nummer eins in Österreich werde. Diese Frage sei, auch wenn die Umfragen derzeit die ÖVP klar vorn sähen, noch nicht entschieden, sagt Heinisch. Es gebe viele unentschlossene Wähler. Diese Konstellation sei für die kleineren Parteien schwierig, weil viele Menschen in diese Entscheidung eingreifen wollten und sie dann taktisch wählten. „Die Leute stimmen so nicht mehr für ihre Lieblingspartei, sondern für ihre zweite oder dritte Wahl, um den Sieg einer anderen Partei zu verhindern“, erklärt Heinisch. Dazu komme, dass kleinere Parteien oft im Kampf um ein einziges Anliegen, ein einziges Thema entstünden. „Da gibt es eine Grenze des Wachstums“, sagt Heinisch. Wenn die Parteien versuchten, sich programmatisch zu verbreitern, führe das oft dazu, dass sich Wähler abwendeten. Einer Partei, der der Ausbruch aus diesem Ghetto gelungen sei, sei die FPÖ. Die ehemalige nationalliberale Honoratiorenpartei habe sich neu erfunden und sei erfolgreich geworden.
Schwierig wird es für kleinere Parteien auch, wenn sich in ihrer Wählerschaft ein ähnlicher Konkurrent breitmacht. „Das passiert den Grünen derzeit mit Peter Pilz“, erklärt der Politikwissenschafter. In einem politisch derartig aufgeladenen Umfeld sei es für Kleinstparteien extrem schwierig, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.