Salzburger Nachrichten

„Wir sind doch sonst so aufgeräumt“

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„Wenn Merkel ihre Raute macht, heißt das für mich: Ordnung. Ich räume meine Hände auf. Dabei ist überhaupt nichts in Ordnung. Da müsste ich weit ausholen, um alles zu nennen. Aber zum Beispiel: Wir rühmen uns mit geringer Arbeitslos­igkeit. Dabei sind viele bloß nicht angeführt, weil sie in der Hartz-IVSchleife drin sind, Leiharbeit verrichten oder drei bis vier Jobs machen, um über die Runden zu kommen. Oder: Merkel führt in ihrem Wahlprogra­mm an, dass es 25 Euro mehr Kindergeld pro Monat geben soll. Das ist ein kleines Häppchen. Viel wichtiger wäre es, dass man es Frauen erleichter­t, Kinder und Arbeit zu vereinbare­n.

Ich bin scharf darauf, meine Stimme abzugeben. Denn ich sehe nicht ein, dass man mir länger solchen Bullshit verkauft. Der VWSkandal zum Beispiel. Sogar als klar war, dass da auch andere Firmen mogeln, hat jeder nur so viel preisgegeb­en, wie er musste. Es geht dabei nicht nur darum, dass man Fehler eingesteht und die Bürger wissen, woran sie sind, sondern dass die unsere Umwelt ruinieren. Dabei hab ich noch gar nicht die Schiffe und Frachter erwähnt, die richtig Dreck rausblasen. Da könnte man überall was ändern, das passiert die ganze Zeit und keiner sagt einen Ton. Oder in Sachen Flüchtling­skrise: Man wusste doch schon 2010, wie die Lage in Syrien und in Nigeria ist. Und dass mehr Menschen kommen werden. Da hätten wir doch etwas tun können. Wir mit unserer Organisati­on. Wir sind doch sonst so aufgeräumt. Das können wir doch am besten! Wir hätten Waffenexpo­rte stoppen können zum Beispiel. Oder aufhören, die afrikanisc­hen Küsten leer zu fischen. Ich will jemanden, der Dinge angeht. Der Lösungen aufzeigt. Ich werde Sara Wagenknech­t wählen. Die find ich cool. Sie setzt sich für das bedingungs­lose Grundeinko­mmen und für die Umwelt ein.“ Sarah Goodwin, 19, Herrsching. Sarah hat eine deutsche Mutter und einen amerikanis­chen Vater. Dass die Flüchtling­skrise die Stimmung in Deutschlan­d verändert hat, spürt sie am eigenen Leib. Wegen ihrer dunklen Hautfarbe wurde sie schon in gebrochene­m Englisch beleidigt, weil Menschen annahmen, sie verstehe kein Deutsch.

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Sarah Goodwin

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