„Werte sind Worthülsen für alles Mögliche“
„Ich würde mich als bürgerlich und wertkonservativ bezeichnen, was mich bei der Bundestagswahl vor eine schwierige Entscheidung stellt. Konservative Parteien sind in Deutschland die Ausnahme. Bleiben bloß Union oder AfD. Die CDU ist in den vergangenen Jahren sehr weit nach links gerückt, Merkel hat große Fehler in der Einwanderungspolitik gemacht, und die AfD unterhält einen rechten Flügel, der nicht tragbar ist. Das alles ist in meinen Augen sehr kritisch. Deswegen bin ich am Überlegen, was das geringere Übel ist und ob ich eine von den zwei Parteien überhaupt wählen kann. Mir fehlt jemand mit Charisma, der glaubhaft machen kann, dass er auch hinter den Werten steht, die er vertritt. Wobei Werte im Grunde nur Worthülsen sind, die man mit allem Möglichen füllen kann. Jeder ist für Freiheit, jeder ist für Gerechtigkeit, jeder ist für Wohlstand. Aber was das konkret heißt, ist für alle Parteien schwierig zu definieren. Ein wichtiger Punkt ist für mich, dass wir in Zeiten der Globalisierung am Prinzip des Nationalstaats festhalten, weil es in meinen Augen die einzige Organisationsform ist, die gegenwärtig funktionieren kann. Es heißt immer, wir sind von der Nation Mensch, und dem kann ich zustimmen. Wir sind alle Menschen. Aber unsere gemeinsame Menschlichkeit kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir regional unterschiedliche Verhaltensmuster haben und so etwas wie regionale Identitäten existieren, die das Zusammenleben ganz entscheidend beeinflussen.“ Sebastian Böhm, 19, Dachau. Sebastian beobachtet, dass Diskutieren schwierig geworden ist, weil sich viele Menschen moralisch überhöhen. Rechte genauso wie Linke, sagt er. Nicht nur in Deutschland, auch in Amerika.