Erdo˘gans Ex-Minister im Visier der US-Justiz
Zafer Çağlayan soll in dubiose Gold- und Geldtransfers verwickelt sein. Das könnte auch für den türkischen Präsidenten unangenehm werden.
Am Handgelenk von Zafer Çağlayan blitzt eine teure Uhr. Das Modell 5101G von Patek Philippe aus der Serie „Grand Complications“ist ein Meisterwerk. Trotzdem hat die Uhr ihrem Besitzer viel Kummer bereitet. Es geht um die Frage: Wie kam Çağlayan an das edle Stück, das mit 332.000 Euro in der Preisliste steht? Die Herkunft der Uhr könnte demnächst ein Gericht in New York beschäftigen. Çağlayan wird ab jetzt auf Besuche in den USA verzichten. Sonst könnte es ihm ergehen wie Reza Zarrab und Hakan Atilla. Der türkisch-iranische Geschäftsmann Zarrab wurde im März 2016 am Flughafen Miami festgenommen – eigentlich wollte er mit Frau und Tochter nach Disney World. Ein Jahr später klickten auf dem New Yorker Kennedy-Airport bei Atilla, Vizechef der türkischen Halkbank, die Handschellen.
Sie sollen illegale Gold- und Geldtransaktionen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Dollar abgewickelt haben, um die IranSanktionen zu unterlaufen. So wurden laut Anklage etwa Öl- und Gasexporte als Lebensmittellieferungen verschleiert. Am 30. Oktober beginnt der Prozess. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan hat sich in den vergangenen Monaten intensiv darum bemüht, dass Zarrab und Atilla frei- und die Vorwürfe fallen gelassen werden. Vergeblich. Alle Versuche, Zarrab wenigstens gegen Kaution freizubekommen, schlugen fehl – obwohl der Angeklagte einen prominenten Anwalt hat: Er wird von Rudy Giuliani verteidigt, einem engen Freund Donald Trumps und Ex-Bürgermeister von New York. Auch den Präsidenten selbst sprach Erdoğan bereits an. Für das Engagement gibt es einen Grund: Zarrab ist eine der Schlüsselfiguren in der Korruptionsaffäre, die 2013 in der Türkei Schlagzeilen machte und den damaligen Premier Erdoğan in große Not brachte. Es gelang ihm damals zwar, die Vorwürfe unter den Teppich zu kehren. Aber jetzt, da ExMinister Çağlayan als möglicher Mitverschwörer ins Fadenkreuz der US-Ankläger gerät, kocht die Angelegenheit wieder hoch. Es ging um Schmiergelder bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, illegale Baugenehmigungen, Goldschmuggel und Geldwäsche. 37 Verdächtige ließen die türkischen Staatsanwälte damals festnehmen, darunter Zarrab und die Söhne von drei ErdoğanMinistern. Als auch Erdoğans Sohn Bilal in den Fokus der Ermittlungen geriet, zog der Herr Papa die Notbremse: Die mit den Ermittlungen befassten Polizeibeamten, Staatsanwälte, Richter wurden abgelöst, die Festgenommenen freigelassen, die Verfahren eingestellt. Auch Zarrab kam frei. 2015 adelte Erdoğan persönlich den Geschäftsmann als „Exportchampion des Jahres“.
Immerhin: Vier Minister, die Bestechungsgelder angenommen haben sollen, löste er ab, darunter auch Çağlayan. Er habe von Zarrab einen mittleren zweistelligen Dollar-Millionenbetrag als Bestechungsgeld kassiert, behaupteten die Ermittler damals.
Da fällt eine Uhr für 332.000 Euro kaum ins Gewicht. Den damals erhobenen Vorwurf, die Patek Philippe sei ein „Geschenk“von Zarrab gewesen, bestreitet Çağlayan. Er habe die Uhr selbst bezahlt, Zarrab habe sie lediglich für ihn in Genf freundlicherweise abholen lassen. Mit der US-Anklage kommt jetzt alles wieder auf den Tisch – nicht nur die Geschichte mit der Uhr, sondern auch die Rolle der Familie Erdoğan in der 2013 niedergeschlagenen Korruptionsaffäre.