Bei Fragen nach dem Leben ist Entscheidung ein Zwang
„Wir haben gevögelt wie verrückt.“Die Doku „Die dritte Option“von Thomas Fürhapter beginnt mit sorglosem Übermut. Eine junge Frau erzählt, wie sie schwanger wurde, wie sie mit ihrem Freund zur Frauenärztin ging, „mir war nur wichtig zu hören, dass ich schwanger bin.“Und wie später Voruntersuchungen eine schwere Schädigung ergaben. Wie sie vor einer Entscheidung stand: Bekommen wir ein Kind, das vielleicht die Geburt nur kurz überlebt? Oder wollen wir eine späte Abtreibung?
Diese Erfahrungsgeschichte zieht sich wie ein roter Faden durch die Dokumentation. Dass durch die Pränataldiagnostik Frauen vor eine Wahl gestellt werden, die aber in Wahrheit nur negativ bewertete Entscheidungen zulässt – einen Fötus mit Behinderung abzutreiben oder ein schwerbehindertes Kind auf die Welt zu bringen – und dass die scheinbare Autonomie in Wahrheit Zwang erzeugt, wird deutlich.
Zu Beginn wirkt der Film sachlich, soweit das bei diesem hochemotionalen Thema möglich ist. Immerhin geht es da sehr schnell um Kategorien von lebenswertem Leben, von „lebensunwertem“, um Eugenik. Und schnell ist da die Parallele zwischen NSRassenhygiene und Pränataldiagnostik im Raum. Der Wunsch von Eltern nach einem gesunden Kind wird vorwurfsvoll paraphrasiert als „Ich will ein bestimmtes, ein normales Kind“. Illustriert wird die Aussage mit Bildern der Massenproduktion immer gleich grinsender Playmobilfiguren, als ginge es um Normkinder.
Wie zur Bestätigung dessen, wie zwanghaft diese Vorwurfssituation ist, sind es fast ausschließlich Frauen, die sich mit Babys und Kleinkindern beschäftigen, die Kindern mit kognitiven Behinderungen geduldig Sprachspiele beibringen. Männer sind so krass abwesend, als wäre beim Kinderkriegen der Erzeuger völlig aus der Verantwortung genommen, als wäre die Tatsache, dass die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch Sache der schwangeren Person ist, automatisch auch Entschuldigung für die totale Abwesenheit von Vätern. Dass ein gesellschaftlicher Konsens über die Ausgrenzung von Menschen mit angeborenen Behinderungen größere Schuld daran trägt als die Entscheidung der einzelnen Schwangeren, kommt nur am Rande vor. Das wäre aber der aufrichtigere Film gewesen.