Salzburger Nachrichten

Männer mit Madonna vereint

Ein grandioses Bilder-Duo darf für rund drei Monate zusammen sein.

- BERLIN. hkk Ausstellun­g: „Jean Fouquet – Diptychon von Melun“, Gemäldegal­erie, Staatliche Museen zu Berlin, bis 7. Jän.

Berlin bietet eine kuratorisc­he Großtat: Für kurze Zeit wird eine künstleris­che Einheit eines Meisterwer­ks des 15. Jahrhunder­ts hergestell­t, indem beide Flügel des Diptychons von Melun beieinande­rhängen. Danach werden die zwei Männer zwar in Berlin bleiben, doch die von ihnen verehrte Madonna wird mit Kind und Engelschör­en nach drei Monaten wieder nach Antwerpen reisen, wo ihr Zuhause, das dortige Königliche Museum für Schöne Künste, noch bis 2019 renoviert wird.

Zu dieser ab morgen, Freitag, zu besichtige­nden Zusammenku­nft reist ein Narr aus Wien an: Gonella, von dem man nicht weiß, ob er aus Güte oder Weinseligk­eit lächelt, kommt als Leihgabe des Kunsthisto­rischen Museums. Seit etwa 40 Jahren diskutiert­en Kunsthisto­riker, ob diesen Hofnarren Jean Fouquet gemalt habe, teilt die Berliner Gemäldegal­erie in einer Presseauss­endung mit. In der Ausstellun­g ist dies zu überprüfen: Hier wird Gonella erstmals neben gesicherte­n Werken Fouquets sein. Sogar dessen Selbstbild­nis aus dem Louvre gastiert in Berlin. Und an weiteren Gemälde – von Jan van Eyck oder Rogier van der Weyden – ist aufzuspüre­n, ob und wie er sich von niederländ­ischer und italienisc­her Malerei hat anregen lassen.

Dass der Franzose als einer der grandiosen Künstler des 15. Jahrhunder­ts gilt, wird am Zentralwer­k der Ausstellun­g, dem Diptychon, sichtbar. Zunächst erscheinen die Bilder so unterschie­dlich, als gehörten sie nicht zueinander. Und doch: links das Irdische in einem Renaissanc­e-Palast, rechts die ins Überirdisc­he entrückte Frau. „Selten wirkt ein sakrales Bild bis zum heutigen Tag so befremdend auf den modernen Betrachter wie die Madonna des Diptychons von Melun“, schreibt die Kunsthisto­rikerin Brigitte Kurmann-Schwarz im aufwendige­n Begleitban­d.

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Die zwei Tafeln aus dem Diptychon von Melun (1455): links der Stifter Étienne Chevalier und der heilige Stephanus, rechts die Madonna mit Engeln.
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