Männer mit Madonna vereint
Ein grandioses Bilder-Duo darf für rund drei Monate zusammen sein.
Berlin bietet eine kuratorische Großtat: Für kurze Zeit wird eine künstlerische Einheit eines Meisterwerks des 15. Jahrhunderts hergestellt, indem beide Flügel des Diptychons von Melun beieinanderhängen. Danach werden die zwei Männer zwar in Berlin bleiben, doch die von ihnen verehrte Madonna wird mit Kind und Engelschören nach drei Monaten wieder nach Antwerpen reisen, wo ihr Zuhause, das dortige Königliche Museum für Schöne Künste, noch bis 2019 renoviert wird.
Zu dieser ab morgen, Freitag, zu besichtigenden Zusammenkunft reist ein Narr aus Wien an: Gonella, von dem man nicht weiß, ob er aus Güte oder Weinseligkeit lächelt, kommt als Leihgabe des Kunsthistorischen Museums. Seit etwa 40 Jahren diskutierten Kunsthistoriker, ob diesen Hofnarren Jean Fouquet gemalt habe, teilt die Berliner Gemäldegalerie in einer Presseaussendung mit. In der Ausstellung ist dies zu überprüfen: Hier wird Gonella erstmals neben gesicherten Werken Fouquets sein. Sogar dessen Selbstbildnis aus dem Louvre gastiert in Berlin. Und an weiteren Gemälde – von Jan van Eyck oder Rogier van der Weyden – ist aufzuspüren, ob und wie er sich von niederländischer und italienischer Malerei hat anregen lassen.
Dass der Franzose als einer der grandiosen Künstler des 15. Jahrhunderts gilt, wird am Zentralwerk der Ausstellung, dem Diptychon, sichtbar. Zunächst erscheinen die Bilder so unterschiedlich, als gehörten sie nicht zueinander. Und doch: links das Irdische in einem Renaissance-Palast, rechts die ins Überirdische entrückte Frau. „Selten wirkt ein sakrales Bild bis zum heutigen Tag so befremdend auf den modernen Betrachter wie die Madonna des Diptychons von Melun“, schreibt die Kunsthistorikerin Brigitte Kurmann-Schwarz im aufwendigen Begleitband.