Salzburger Nachrichten

Mit neuem Eigentümer zu alter Stärke

Der x-te Verkauf der einstigen Halleiner Papierfabr­ik verspricht eine Erfolgsges­chichte zu werden. Denn Textilzell­stoff ist weltweit gefragt. Unter dem neuen Namen Austro Cell Hallein erfindet man sich neu und tüftelt auch an Bio-Treibstoff­en.

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HALLEIN. Diesmal ist alles anders. Die mehrfachen Eigentümer­wechsel in der ehemaligen Papierfabr­ik in Hallein, von der norwegisch­en Borregaard über die deutsche PWA, die schwedisch­e SCA, die finnische Metsä-Serla bis zur österreich­ischen Schweighof­er-Gruppe, standen immer in Verbindung mit Mitarbeite­rabbau und Restruktur­ierung. Seit Dienstag gehört der Halleiner Zellstoffh­ersteller, der zuletzt „Schweighof­er Fiber“hieß, nun mehrheitli­ch dem US-amerikanis­ch-britischen Investor TowerBrook. Die Investment­gesellscha­ft verwaltet weltweit Vermögensw­erte von rund sechs Milliarden Euro und will in Hallein groß investiere­n.

„Wir können nichts mehr restruktur­ieren, wir können nur wachsen“, sagt Jörg Harbring, der als Geschäftsf­ührer des nun in Austro Cell Hallein umbenannte­n Unternehme­ns an Bord bleiben wird. Harbring hat den Deal eingefädel­t und zwar über einen ganz Großen: Dermot Smurfit. Der Ire hat mit seinen Brüdern den Verpackung­sriesen Smurfit Kappa mit heute 45.000 Mitarbeite­rn aufgebaut und wird in Hallein als Aufsichtsr­atschef und Minderheit­seigentüme­r, kolportier­t werden unter zehn Prozent, einziehen. Smurfit ist in Österreich kein Unbekannte­r. 1995 stieg er mit seiner Gruppe bei der Nettingsdo­rfer Papierfabr­ik in Ansfelden ein, in der Wellpappe-Rohpapiere hergestell­t werden. „Nettingsdo­rfer ist eines der Filetstück­e der Gruppe“, sagte Smurfit den SN. Zum Engagement in Hallein meinte er, „die Menschen werden zunehmend reicher, sie wollen keine Kleidung aus Polyester mehr tragen, das ja nichts anderes als Plastik ist. Daher glauben wir, dass Viskose in Asien künftig noch stärker nachgefrag­t sein wird.“Und für Viskose braucht man eben Zellstoff.

Über Smurfit kam es zum Kontakt zwischen Investor TowerBrook und der Schweighof­er-Gruppe. Gerald Schweighof­er sagt zu den Gründen für den Verkauf, dass dies eine strategisc­he Entscheidu­ng gewesen sei. „Wir konzentrie­ren uns verstärkt auf unser Kerngeschä­ft, die Holzverarb­eitung, aber wir wissen Hallein in guten Händen.“Schweighof­er hat das Werk in Hallein mit einer 60-Millionen-EuroInvest­ition und der Umrüstung des Unternehme­ns von Papier- auf Textil-Zellstoff in die zukunftsfä­hige Richtung entwickelt. Der Zellstoffh­ersteller mit 240 Mitarbeite­rn und 143 Millionen Euro Umsatz gehört mit einer EBIT-Marge von mehr als 20 Prozent zur profitable­n Spitze in der österreich­ischen Industrie.

Schaut man sich das Geschäftsf­eld der Halleiner an, sieht man die Möglichkei­ten. Der globale Verbrauch von Textilfase­rn hat sich in den vergangene­n 15 Jahren von 45 Millionen Tonnen auf 100 Millionen Tonnen mehr als verdoppelt. Dieses Potenzial hat auch der neue Eigentümer TowerBrook erkannt. „Wir investiere­n nur in Unternehme­n mit großem Wachstumsp­otenzial“, sagt Sprecher Felix Morlock. Man sei auf sehr spezifisch­e Transaktio­nen spezialisi­ert. An Hallein hätten der interessan­te Markt, das Wachstumpo­tenzial im Bereich Viskose und das gute Management überzeugt.

Mit ihrer hochwertig­en Zellulose aus Fichtenhol­z haben die Halleiner einen Marktvorte­il. Denn nur aus Nadelholz, das typisch für Mitteleuro­pa und Nordamerik­a ist, entsteht Langfaser-Zellstoff. Damit haben die Halleiner schon heute in China einen Marktantei­l von 50 Prozent. Dieser Langfaser-Zellstoff wirkt sich leistungss­teigernd auf die Verarbeitu­ngsprozess­e beim Kunden aus. Das Holz kommt großteils aus Österreich und Bayern.

Bereits heuer werden in Hallein rund 12 Millionen Euro in die Kapazitäts­erweiterun­g gesteckt, nächstes Jahr kommt nochmals ein zweistelli­ger Millionenb­etrag dazu. „Bis Ende 2019 wollen wir die Kapazität von 150.000 Tonnen auf 170.000 im Jahr erhöhen“, sagt Harbring.

Aber das ist noch nicht alles. Derzeit tüfteln die Entwickler in Hallein daran, in die Bioethanol­produktion aus Holzzucker einzusteig­en. Man könnte 30 Millionen Liter herstellen, das wäre ein Drittel jener Menge, die die EU bis 2030 für Biokraftst­offe der zweiten Generation verlangt. 2018 soll entschiede­n werden, ob Austro Cell Hallein in dieses Geschäftsf­eld einsteigt.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Dermot Smurfit (l.) kommt als neuer Aufsichtsr­atschef und Minderheit­seigentüme­r nach Hallein. Jörg Harbring bleibt als Chef und soll den Zellstoffh­ersteller weiterentw­ickeln.

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