50 Milliarden Euro für den Umstieg auf saubere Energie
Mit einer Investitionsoffensive will Österreichs E-Wirtschaft die Energiewende schaffen. Von der Politik erwartet man sich mehr Mittel für die Forschung und weniger Bürokratie.
WIEN. Alles redet von der Energiewende, aber um sie Realität werden zu lassen, braucht man viel Zeit und sehr viel Geld. Österreichs Elektrizitätswirtschaft steckt sich beim Umsetzen dieses Mammutprojekts jedenfalls hohe Ziele. Bis zum Jahr 2030 sollen 85 Prozent des in Österreich erzeugten Stroms aus Quellen erneuerbarer Energie kommen, derzeit sind es 75 Prozent. Und der Anteil des Stroms am gesamten Energiemix soll auf ein Drittel steigen, heute ist es gerade ein Fünftel.
Um das zu erreichen, werde die Branche 50 Mrd. Euro in neue Anlagen und Speicher sowie in die Netze investieren, sagt Leonhard Schitter, Präsident des Branchenverbands Oesterreichs Energie und Vorstand der Salzburg AG. Man erwarte aber auch ein klares Bekenntnis der Politik zu diesem Weg, denn „die Energiezukunft ist elektrisch und sie ist digital, alles braucht Strom“.
Um seine Klimaziele erreichen zu können, brauche Österreich aber nicht nur mehr sauberen Strom, sondern auch eine Energiewende im Verkehr und beim Heizen. In beiden Bereichen müssten fossile Energieträger durch Strom ersetzt werden, sagt Schitter. Bei der E-Mobilität gehe es um den Aufbau einer flächendeckenden Lade-Infrastruktur, ohne die Stabilität des gesamten Stromnetzes zu gefährden, hier sei auch die öffentliche Hand gefordert. Zudem müsse die Politik dafür sorgen, dass es auf europäischer Ebene einheitliche technische Normen gibt. Bei der Wärmeversorgung gehe es in erster Linie um die Abkehr von Heizöl, sagt Schitter. Die rund 600.000 Ölheizungen (die im Durchschnitt 24 Jahre laufen) müssten nach und nach durch mit Strom betriebene Systeme, etwa Wärmepumpen, ersetzt werden. Für diesen Umstieg sei Gas als Brennstoff allerdings als Brückentechnologie unersetzlich. Und auch zum Betrieb der eigenen kalorischen Kraftwerke, die die Branche zur Stabilisierung ihrer Stromnetze benötigt.
Die Energiewende mache massive Investitionen erforderlich. Insgesamt geht die Branche von 50 Mrd. Euro aus, zwei Drittel würden in den Auf- und Ausbau der Netze und smarter Systeme fließen, zwei Mrd. Euro allein in die flächendeckende Ausstattung mit digitalen Stromzählern (Smart Meter). Mit neun Mrd. Euro setzt man die Kosten für den Bau neuer Erzeugungsanlagen an, sechs Mrd. Euro wären für zusätzliche Speicher erforderlich. Die neun Mrd. Euro für zusätzliche Kapazitäten teilten sich zu je einem Drittel auf die Energieerzeugung aus Wasser, Wind und Sonne auf, sagt Schitter. Das entspreche dem Mix der Energieträger beim erwarteten Energieverbrauch. Der soll in Österreich – ausgehend von den 75 Terawattstunden (TWh) Gesamtverbrauch 2014 – bis 2030 um 14 TWh steigen. Wenn sich bis dahin nichts am Eigenversorgungsgrad ändert – Österreich importierte zuletzt rund ein Siebtel des benötigten Stroms –, seien rund 20 TWh erforderlich. Das könne man durch zusätzliche Erzeugung von Strom aus Wind, Wasser und Photovoltaik im Ausmaß von jeweils 6 bis 8 TWh abdecken, sagt der Verbandschef. Bei Windkraft soll die installierte Leistung um 170 Prozent steigen, nicht nur durch neue Räder, sondern auch durch höhere Effizienz bestehender Anlagen. Auch bei Wasser gehe es um Bau und Ausbau kleinerer und mittlerer Kraftwerke. Bei Photovoltaik rede man von rund 100.000 Anlagen, das entspreche der Dachfläche von Wien und Graz.
Um das umsetzen zu können, seien solide Rahmenbedingungen nötig, sagt Generalsekretärin Barbara Schmidt. Die Politik müsse den nötigen Freiraum für Investitionen schaffen, durch zügige Genehmigungsverfahren für Projekte. Wenn man den Klimaschutz über alles stelle, müsse man auch Ja zum Ausbau der Infrastruktur sagen. Dass Investitionen in die Netze unumgänglich sind, zeige sich an steigenden Kosten für das Engpassmanagement. Um die 99,9-prozentige Versorgungssicherheit aufrechterhalten zu können, habe man heuer bereits 178 Mill. Euro ausgegeben. Nach den 202 Mill. Euro 2015 zeichne sich damit ein neuer Rekord ab, sagte Schmidt. Als Stimulans für die Forschung wünscht sich Schitter zudem eine Verdoppelung der Fördermittel von derzeit 120 Mill. Euro.
„Wende bei Wärme und der Mobilität.“