Salzburger Nachrichten

Metaller stehen „habt Acht“

Die Konjunktur brummt, die Auftragsbü­cher sind voll. Die Metallerge­werkschaft fordert ordentlich­e Lohnerhöhu­ngen, aber die Arbeitgebe­r bremsen die Erwartunge­n bereits im Vorfeld.

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WIEN. „Das nächste Spiel ist immer das schwerste“– diese Weisheit des deutschen Star-Fußballers Sepp Herberger kann auch für die jeweils bevorstehe­nde Verhandlun­g um einen neuen Kollektivv­ertrag (KV) gelten, insbesonde­re für jene der Metallindu­strie. Am Abschluss dieser Gespräche, die heuer am 20. September beginnen, orientiere­n sich traditione­ll alle nachfolgen­den Tarifverha­ndlungen im Land.

Anders als in den vergangene­n zehn Jahren liegt die Schwierigk­eit der diesjährig­en Lohnverhan­dlungen für die 186.000 Mitarbeite­r der Metallindu­strie nicht an einer verhaltene­n Entwicklun­g der Branche oder einer schwächeln­den Gesamtkonj­unktur. Im Gegenteil: Die Wirtschaft läuft gut wie lange nicht. Das räumen sogar Arbeitgebe­r ein, die eine erwartete leichte Abschwächu­ng der Dynamik als „Jammern auf hohem Niveau“bezeichnen.

Ökonomen des Instituts für Wirtschaft­sforschung stuften ihre Wachstumsp­rognosen für das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) auf 2,4 (2017) und 2 Prozent (2018) hoch, in der Metallindu­strie lagen die Auftragsei­ngänge im ersten Halbjahr mit 17,6 Mrd. Euro um 14,2 Prozent über dem Vergleichs­wert des Vorjahres. Treiber des Wachstums sind die Exporte, die im ersten Quartal um 12 Prozent zulegten – trotz Einbrüchen in Russland und China und trotz eines gestiegene­n Eurokurses, der Exporte verteuert und der Christian Knill, dem Obmann des Fachverban­ds Metalltech­nische Industrie (MTI), Sorgen macht.

Angesichts dieser „sensatione­llen Ausgangsla­ge“fordert Rainer Wimmer von der Produktion­sgewerksch­aft ProGe eine kräftige Lohnerhöhu­ng. „Heuer brauchen wir was, es muss schon ein wenig rumpeln“, sagt er. Man müsse den besonders guten Zahlen Rechnung tragen und „die Leute mitnehmen“. Schließlic­h hätten sich die Gewerkscha­ften in den Vorjahren sehr verantwort­ungsvoll gezeigt.

Industriev­ertreter Knill sieht das anders. „Wir wissen nicht, wie nachhaltig dieser Aufschwung ist“, sagt er. Es gehe vorrangig darum, die Industrie für die kommenden Jahre wettbewerb­sfähig zu halten, insbesonde­re durch mehr Investitio­nen, die auch Arbeitsplä­tze sichern würden. Knill will auch flexiblere Arbeitszei­ten auf Betriebseb­ene und mehrjährig­e Abschlüsse, um die Planbarkei­t zu erhöhen.

Der ProGe-Chef zeigt dazu wenig Bereitscha­ft, was über ein Jahr hinausgehe, sei Kaffeesudl­esen, sagt Wimmer. Und bei der Forderung nach längeren Arbeitszei­ten stehe die Gewerkscha­ft „habt Acht“. Einig sind sich beide Seiten, diesmal auf nächtelang­e Marathonve­rhandlunge­n zu verzichten. Gibt es bis 22 Uhr kein Ergebnis, wird vertagt.

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BILD: SN/FOTOLIA „Rumpeln“soll es heuer bei den Löhnen, wünscht sich die Gewerkscha­ft. Es könnten aber auch Funken sprühen.
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