Über die Lust am Untergang des Menschlichen
Es ist erstaunlich, was die Dinger inzwischen können: Gesichter einwandfrei erkennen, wunderbare Musik komponieren, schaurigspannende Filmtrailer schneiden, Fremdsprachen simultan über ein kleines Gerät direkt ins Ohr hinein übersetzen. Sogar menschliche Neugierde wolle man den Computern antrainieren, war bei den Österreichischen Tourismustagen zu hören, die sich ganz der digitalen Transformation verschrieben hatten, die sich in der Branche bereits jetzt spürbar auswirkt.
Die künstliche Intelligenz, so scheint es, ist massiv auf dem Vormarsch. Rund um AI (Artificial Intelligence) ist ein Hype ausgebrochen, der wie nie zuvor die Fantasie beflügelt und Untergangsängste hervorruft. Wie lange wird es noch dauern, bis sie die menschliche Intelligenz überflügeln und Maschinen die Herrschaft über die Menschheit übernehmen werden?
Wenn sich die Rechnerleistung und die Datenübertragung in den nächsten 20 Jahren noch einmal vertausendfachen, wird sich dann auch die Intelligenz der Maschinen vertausendfachen? Der USamerikanische Futurist Ray Kurzweil, mittlerweile Director of Engineering bei Google, sagte dies für das Jahr 2045 voraus: Dann würden Computer den Menschen übertrumpfen und das Zeitalter der technologischen Superintelligenz, der Singularität beginnen.
Da ist es beruhigend, sich abseits von Science-Fiction des IstZustands zu besinnen. Computer sind noch immer viel dümmer als das menschliche Gehirn. Vorerst geht es um maschinelles Lernen, das Trainieren von Denkfähigkeit: „Das ist so, als ob Sie einen Pudel trainieren, ein Stöckchen zu holen: Er kann dann zwar das extrem gut, alles andere aber muss er von vorn lernen. Von wirklicher künstlicher Intelligenz sind wir also noch sehr weit entfernt“, sagt Gerfried Stocker, künstlerischer Leiter des Ars Electronica Festivals, das sich heuer dem Thema AI verschrieben hatte.
Lassen wir den Pudel also trainieren und vergessen wir die Untergangsfantasien: Der Mensch ist noch immer überlegen. Er ist derjenige, der gestaltet und das Heft in der Hand hält, nicht die Maschine. Wer das Gegenteil behauptet, nimmt sich selbst aus dem Spiel. Denn nicht die Technik bestimmt unsere Zukunft, sondern der Mensch: Wer was künftig entscheiden und tun wird, ist eine Frage gesellschaftlicher Verhandlungsprozesse, sozialer Organisation und unternehmerischer Strategien. Bürger, Wissenschafter, Manager und Politiker, die dem Hype um den Vormarsch der künstlichen Intelligenz blind folgen, statt kritisch zu hinterfragen, berauben sich ihrer stärksten Kraft: der Vision einer menschlichen Zukunft.