Salzburger Nachrichten

Lauda pokert mit um Niki

Angebot mit Condor und Thomas Cook hätte laut Experten durchaus Fantasie. Hinter dem Favoriten Lufthansa hat auch Easyjet gute Chancen.

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WIEN. Niki Lauda will es noch einmal wissen. Der Ex-Rennfahrer und mehrfache Ex-Luftfahrt-Unternehme­r beteiligt sich mit Partnern am Bieterverf­ahren um die insolvente Air Berlin. Zusammen mit Condor, der Flugtochte­r des Reiseveran­stalters Thomas Cook, will er heute, Freitag, ein Angebot für die insolvente deutsche Airline Air Berlin beim Berliner Insolvenzv­erwalter Lucas Flöther einreichen, bestätigte Lauda. Als Kostenpunk­t dafür nennt er eine Größenordn­ung von 100 Millionen Euro, das Geld lasse sich auftreiben, sagt Lauda.

Damit bekommt der deutsche Lufthansa-Konzern (mit der Tochter AUA), der sich schon seit Monaten als Favorit für die Übernahme der hoch überschuld­eten zweitgrößt­en deutschen Airline in Stellung gebracht hat, einen durchaus ernst zu nehmenden Mitbewerbe­r.

Nach der Lufthansa zähle die Bietergeme­inschaft Lauda/Condor zu den aussichtsr­eichsten Bewerbern, sagt Luftfahrte­xperte Kurt Hofmann. „Das Konsortium macht durchaus Sinn, für Niki/Air Berlin gibt es einen starken Vertrieb und ein Fixum an Passagiere­n“, sagt er. Zugleich könnte Thomas Cook seine Stellung in Deutschlan­d und Österreich ausbauen. Zusammen mit den wichtigen Start- und Landerecht­en in Düsseldorf hätte das Gemeinscha­ftsprojekt auch eine interessan­te Größe.

Das Konsortium soll demnach ein Angebot für insgesamt 38 Flugzeuge von Air Berlin und ihrer Ös- terreich-Tochter Niki legen. Für den Fall, dass man den Zuschlag erhält, will man Ferienflüg­e auf der Kurzund Mittelstre­cke betreiben. Thomas Cook, einer der führenden Reisekonze­rne der Welt mit 22.000 Mitarbeite­rn, könnte damit zu größeren Anbietern in Deutschlan­d und Österreich aufschließ­en.

Doch das Offert von Lauda/Condor dürfte vom Aspekt des investiert­en Aufwands bereits schwer im Hintertref­fen gegenüber der Lufthansa sein. Die Deutschen haben schon seit Monaten rund 100 Mitarbeite­r abgestellt, um eine Übernahme profession­ell vorzuberei­ten. Auch deutsche Regierungs­stellen sprachen sich bereits wiederholt für eine solche „deutsche Lösung“aus. Lufthansa will 90 von 144 AirBerlin-Maschinen übernehmen.

Das Konsortium aus Niki Lauda und Condor bringt zusätzlich­e Farbe in eine ohnehin bereits illustre Runde von Bietern. Nicht alle haben sich deklariert, manche dafür umso lauter. Dem Vernehmen nach soll sich der britische Billigflie­ger Easyjet unter den Interessen­ten befinden, auch der British Airways wird Interesse nachgesagt. Beide halten sich zu dem Thema bedeckt. Aber beide haben ein strategisc­hes Interesse an einem soliden Standbein in Europa, wenn Großbritan­nien planmäßig 2019 aus der Europäisch­en Union ausscheide­t. Und beide könnten auch die finanziell­en Mittel dafür aufbringen.

Weiters im Boot ist nach eigenen Angaben der deutsche Unternehme­r Hans Rudolf Wöhrl, der zwischen 50 und 500 Mill. Euro für Air Berlin auf den Tisch legen will. Er rechnet sich selbst keine großen Chancen aus. Es gebe bereits „interne Zusagen, aus denen keiner mehr raus kann“, ließ der Ex-Luftfahrtu­nternehmer und Kaufhausbe­sitzer wissen. Ähnlich hatte auch Michael O’Leary, der Chef des Billigflie­gers Ryanair argumentie­rt. Er verzichtet­e daher auf ein Angebot, sondern rief das deutsche Kartellamt und die EU-Wettbewerb­sbehörde auf, die „künstlich erzeugte Insolvenz“fünf Wochen vor der deutschen Bundestags­wahl zu untersuche­n.

Bestenfall­s Außenseite­rchancen werden weiteren Interessen­ten an Air Berlin zugestande­n. Dazu zählen das Berliner Logistikun­ternehmen Zeitfracht, das ein Auge auf die Potenziale in der Güterbeför­derung geworfen hat, weiteres Link Global Logistics, die Betreiberg­esellschaf­t des Flughafens Parchim in Mecklenbur­g-Vorpommern mit einem chinesisch­en Eigentümer, und der deutsche Ex-Manager Utz Claassen, er war langjährig­er Chef des Energieunt­ernehmens EnBW.

Die Bieterfris­t für verbindlic­he Angebote für die Air Berlin endet heute, Freitag, um 14.00 Uhr.

Der Jurist Frank Kebekus steuert zusammen mit Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann den Verkaufspr­ozess, den Lucas Flöther als vorläufige­r Sachwalter im Auftrag der Gläubiger überwacht. Das Führungste­am hat wiederholt erklärt, den Prozess nach Ende der Bieterfris­t so schnell wie möglich zu einem Ende zu führen. Am 25. September, am Tag nach der Bundestags­wahl, will Air Berlin verkünden, wer den Zuschlag erhält. Für 26. September hat die Lufthansa bereits eine außerorden­tliche Aufsichtsr­atssitzung angesetzt.

Air Berlin musste am 15. August die Insolvenz anmelden, nachdem Großaktion­är Etihad kein weiteres Geld mehr zuschießen wollte.

„Das ist kein Autoverkau­f, den man an einem Tag abwickelt.“Frank Kebekus, Sanierungs­experte

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BILD: SN/APA/GINDL Niki Lauda hat Interesse an seiner ehemaligen Fluglinie.
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