„Cassini“stürzt geplant auf den Saturn
Kontrolliert auf dem Saturn zerschellt: Die Geschichte der Weltraumsonde „Cassini“und ihrer Huckepack-Maschine „Huygens“ist eine der erfolgreichsten Missionen der Raumfahrt. Österreichisches Know-how war dabei mit an Bord.
„Das Mikrofon liegt im Morast als entferntester Außenposten.“Wolfgang Baumjohann, IWF-Chef
Fast 13 Jahre umkreiste die Sonde „Cassini-Huygens“den Planeten Saturn und erkundete ihn. Jetzt endet ihre Reise. Rund 20 Jahre nach ihrem Start stürzt sie heute, Freitag, ungefähr zur Mittagszeit auf den bombastischen Riesenplaneten und beendet damit ihr Programm. Die Mission Cassini-Huygens war ein gemeinsames Projekt der NASA, der ESA und der italienischen Raumfahrtagentur ASI. Sie zählt zu den erfolgreichsten der Raumfahrtgeschichte.
Die lange Reise ging also zum Saturn, dem sechsten Planeten unseres Sonnensystems. Der Riese hat einen Äquatordurchmesser von 120.500 Kilometern und ist damit fast zehn Mal so groß wie die Erde. 1997 startete das „Cassini-Huygens“-Raumschiff von der Erde und reiste dann sieben Jahre lang durch das Sonnensystem, ehe es den Planeten auf einer der äußeren Bahnen des Planetensystems erreichte.
Nach einigen Monaten in der Umlaufbahn trennte sich die ESASonde „Huygens“vom Mutterschiff „Cassini“, um kurze Zeit später auf dem geheimnisvollen Saturn-Mond Titan zu landen. „Huygens“ist der erste erfolgreiche Versuch der Menschheit, eine Sonde in einer anderen Welt im äußeren Sonnensystem zu landen. Die Sonde fand heraus, dass es auf Titan richtiges Wetter gibt und Seen mit Methan gefüllt sind. Wolken und Regen bestehen aus Kohlenwasserstoffen und die Gebirge aus Wassereis. Die Temperaturen betragen frostige minus 180 Grad Celsius. Insgesamt also eine recht seltsame Welt.
Übrigens steckte in „Huygens“viel österreichisches Know-how. An Bord war das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften maßgeblich an der Entwicklung und Datenauswertung von drei Messgeräten beteiligt. Unter anderem hat ein am IWF gebautes Mikrofon die Windgeräusche während des Abstiegs der kleinen Maschine aufgenommen. „Dieses Mikrofon liegt nun im Methanmorast auf dem Titan und ist unser entferntester Außenposten“, sagt IWFDirektor Wolfgang Baumjohann. Während „Huygens“auf Titan verblieb, machte sich „Cassini“an die Entdeckung des Saturn, seiner Ringe und seiner anderen Monde. Es zeigte sich, dass der Eismond Enceladus Wassernebel ins All versprüht – ein Beweis für flüssiges Wasser unter seiner gefrorenen Oberfläche. „Cassini“entdeckte sogar Wasserstoff im Wasser, möglicherweise enthält dieser verborgene Ozean chemische Energie und damit vielleicht die Nahrungsgrundlage für einfache Lebensformen,
Da „Cassini“nun der Treibstoff ausgeht, haben die Missionsverantwortlichen entschieden, die Raumsonde in die Atmosphäre des Saturn eintreten zu lassen. So wird sie nicht irgendwann mit einem der Monde kollidieren, was zukünftige Expeditionen beeinträchtigen könnte. Doch vor dem Absturz durchkämmt „Cassini“noch die Region zwischen Saturn und seinen Ringen. Das ist ein neuer Forschungsgegenstand. Denn die berühmten Ringe des Saturn sind noch weitgehend unerforscht. „Cassini“machte die bisher schärfsten Bilder von den inneren Ringen und den Wolken des Planeten und hat das Gravitationsfeld des Saturn vermessen. Anhand dieser Daten wollen die Wissenschafter mehr über das Innere des Planeten erfahren. Auch kurz vor ihrem Ende steht die brave „Cassini“-Sonde also noch voll im Dienste der Wissenschaft.
Der Planet Saturn steckt voller Superlative: Seit Anfang 2005 beobachten Forscher mithilfe von „Cassini“Gewitter auf dem Saturn. Vermutlich hatten die Blitze etwa 1000 Mal mehr Energie als die der Erde. Die Astronomen glauben, dass dieser Sturm der stärkste war, der jemals beobachtet wurde.
Am 11. Juni 2004 passierte die Raumsonde „Cassini-Huygens“den Saturnmond Phoebe mit einem Abstand von nur 2068 Kilometern und untersuchte diesen aus der Nähe. Im Oktober 2006 spürte die Sonde einen Hurrikan mit einem Durchmesser von 8000 Kilometern auf. Zum Vergleich: Der Sturm „Irma“, der zuletzt die Karibik und Florida heimsuchte, hatte einen Durchmesser von 50 Kilometern.
„Cassini“und „Huygens“hatten zusammen 18 hochempfindliche Messgeräte an Bord. Eines davon ist der Cosmic Dust Analyzer (CDA), der Eis- und Staubpartikel im Saturnsystem analysiert. Das Besondere an diesem weltweit immer noch einmaligen Instrument ist, dass es gleichzeitig elektrische Ladung, Geschwindigkeit, Flugrichtung und Masse einzelner Teilchen bestimmen kann.
Die Untersuchung von Staub im Sonnensystem hört sich zunächst nicht sehr aufregend an. Doch dieser Staub verrät einiges über das Sonnensystem und seine Frühzeit, aber auch seine galaktische Umgebung. Die meisten kosmischen Staubpartikel haben eine Größe von wenigen Molekülen bis zu einem Mikrometer, also einem tausendstel Millimeter. Darunter fällt auch, was volkstümlich gelegentlich als „Sternenstaub“bezeichnet wird.
Wissenschaftlich betrachtet handelt es sich bei Sternenstaub (Stardust) um Mineralstäube, die bei Sternengeburten entstanden sind und Teil des interstellaren Mediums sind, also nicht aus unserem Sonnensystem stammen. Sie zu analysieren erzählt die Geschichte von Sonnen vor unserer Sonne.