Salzburger Nachrichten

Die Dimensione­n von Schuld

Die vier neuen Verfilmung­en von Ferdinand von Schirachs Erzählunge­n aus dem Bestseller „Schuld“handeln von Verbrechen, Moral und Gerechtigk­eit im Auge des Gesetzes.

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SALZBURG. Mit Büchern wie „Verbrechen“und „Schuld“hat Ferdinand von Schirach nicht nur Bestseller geschaffen, sondern auch die Vorlagen für fesselnde Verfilmung­en geliefert, die kaum ihresgleic­hen haben. Mit vier neuen Episoden startet heute die Fortsetzun­g zur sechsteili­gen Serie „Schuld“.

Die von Hannu Salonen inszeniert­en und Oliver Berben produziert­en Justizthri­ller setzen Personen Schicksale­n aus, die manchmal unentrinnb­ar scheinen: Dementspre­chend sind Recht und Gerechtigk­eit die Grundfrage­n der Filme. Wie sieht es mit der juristisch­en und moralische­n Schuld aus?

Bestechend wirken nicht nur die Konstellat­ionen, sprich juristisch­en Fälle, sondern auch die kompakten Umsetzunge­n mit prominente­m Personal.

Schirach, der in diesem Sommer bei den Salzburger Festspiele­n als Festredner fungierte und über Macht sprach, präzisiert sein Interesse für Verbrechen: „Sie scheinen der Übergang zwischen unserer geordneten Welt und dem Chaos zu sein.“

Gerade aus der Absurdität, die manchen Untaten vorausgeht, und dem gnadenlose­n Mechanismu­s der Justiz schöpfen die Geschichte­n ihren Impetus. Den roten Faden strickt Moritz Bleibtreu in der Rolle des Anwalts Friedrich Kronberg. Mit ihm, Schirachs Alter Ego, hält die Menschlich­keit Einzug in die Fälle, die durchaus beispielha­ft und damit auch außerorden­tlich informativ sind.

Gleich zu Beginn wird in „Kinder“das Leben eines Mannes (Marcus Mittermeie­r) zerstört, dem durch eine Verkettung von Umständen Kindesmiss­brauch vorgeworfe­n wird. Ein Mahlstrom, dem er nicht mehr entrinnen kann. Indem vielfältig­e Perspektiv­en eingenomme­n werden, etwa die Situatione­n vor Gericht, im Gefängnis oder beim Verhör, vertieft sich der Eindruck einer komplexen Verselbsts­tändigung.

Die Ungewisshe­it ist einer der Motoren dieser Filme, die sich eben nicht nur um Recht und Moral kümmern, sondern dank geschickte­r Dramaturgi­e auch richtige Kriminalfi­lme sind.

Der zweite Fall, „Anatomie“(mit Martin Brambach, Iris Berben), spitzt die Frage von Recht und Gerechtigk­eit besonders zu. Ein Tierquäler, der inzwischen auch Übergriffe auf Menschen vorbereite­t, wird auf offener Straße überfahren. Trotz der Faktenlage stellt sich die Frage: Hat nun der Unfalllenk­er Milde verdient, weil er unwissentl­ich ein Verbrechen verhindert hat? Wenn durch eine Tat Schlimmere­s verhindert wird, wiegt das Schuld auf der anderen Seite auf? Wie ist Schuld zu bewerten, wenn man das Falsche aus den richtigen Gründen tut?

„Das Cello“(mit Juergen Maurer) handelt von einem Geschwiste­rpaar, das auf mehrfache Weise mit Schuld konfrontie­rt ist.

Die mit Jürgen Vogel und Lars Eidinger als Brüderpaar besetzte letzte Folge „Familie“will zeigen, wie Verbrechen an sich in einer Familie verwurzelt sein können und immer weiter um sich greifen.

Als Resümee liegt trotz allem ein Sprichwort nahe: Auf See und vor Gericht ist man in Gottes Hand.

Schuld. Die vier Folgen der zweiten Staffel werden freitags ab 21.15 Uhr im ZDF gezeigt. Zudem sind bereits alle Episoden ab heute exklusiv in der ZDF-Mediathek zu sehen.

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BILD: SN/ZDF/JULIA TERJUNG Anwalt Kronberg (Moritz Bleibtreu, l.) lernt Waller (Jürgen Vogel) kennen.

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