Ein Yachtbauer holt die Jugend an Bord
Fachkräfte sind schwer zu finden. Yachtbauer Gerhard Schöchl weiß, wie er Bewerber motiviert – etwa mit Wochenenden auf dem Segelboot.
MATTSEE. Lisa Buccoli ist vor zwei Wochen aus Frankfurt nach Mattsee gezogen, um hier den Lehrberuf ihrer Wahl zu lernen: Bootsbauerin. Die 20-Jährige hat zwar die Matura, sieht sich aber eher als praktischen Typ. „Mein Opa hat eine Maschinenfabrik gehabt, das hat mich immer sehr interessiert“, sagt sie.
Seit zwei Wochen laminiert Buccoli die Decks der Segelyach-
ten von Sunbeam Yachts und schleift Unterwasserschiffe ab – den unter Wasser liegenden Teil des Schiffskörpers. Das Resümee nach zehn Tagen: „Mir gefällt es sehr gut hier. Der Beruf ist vielfältig.“Buccoli ist eine von vier Lehrlingen bei Sunbeam.
Seit 2008 bildet der Bootsbauer in Mattsee mit 39 Mitarbeitern wieder Lehrlinge aus. Firmenchef Gerhard Schöchl: „Es ist fast unmöglich geworden, gut qualifiziertes Personal zu finden.“Auch in Salzburg sei der Fachkräftemangel ein großes Thema. Es gebe viele sehr gute Betriebe, die Mitarbeiter suchten. Gleichzeitig sinke die Geburtenrate, der Zuzug sei zu gering – und die Wirtschaftskraft wachse.
Die Industriellenvereinigung Salzburg verweist darauf, dass zwei Drittel der Firmen beträchtliche Probleme damit hätten, geeignete Mitarbeiter zu finden. Im Schnitt suchten die Betriebe elf Wochen nach Fachkräften. Vor allem ausgebildete Techniker seien schwierig zu finden. Allein in der Stadt Salzburg und im Flachgau sind derzeit 335 offene Lehrstellen ausgeschrieben.
Sarah Kollingbaum ist schon im dritten Lehrjahr. Die Oberösterreicherin ist durch Zufall auf eine Anzeige gestoßen, mit der Sunbeam einen Lehrling suchte. Die 19-Jährige weiß, dass man als Bootsbauerin viel lernen muss. Tischlerei, Laminierhalle, Schlosserei und Montagehalle – überall war sie schon. Am meisten hat es ihr aber im Innenausbau gefallen. „Wir passen dort die Kästen an, es ist alles Maßanfertigung. Es gibt keine Ecken und keine Kanten.“
Wie schafft es Schöchl, die richtigen jungen Menschen zu finden? „Unser Ausbildungsplan ist sehr breit.“Als Bootsbauer muss man fähig sein, Materialien zu verbinden – Kunststoff, Holz sowie Edelstahl und Aluminium. Zudem sei dreidimensionales Denken wichtig: „Bei uns ist alles rund, alles muss genau eingepasst werden.“Fünf Wochen baut das Sunbeam-Team an einem 36-Fuß-Boot. Ab 2018 hat der Bootsbauer auch eine 46Fuß-Yacht im Programm, an der wird sieben Wochen gearbeitet.
Auf zwei Segelyachten können die Mitarbeiter auf dem Mattsee ihre Zeit verbringen. Gerhard Schöchl: „Bootsbauen ist schön, Segeln noch viel schöner.“Wer noch keinen Segelschein hat, kann die Prüfung nachholen: Die Firma finanziert den Schein. Bei sehr guten Noten in der Berufsschule zahlt Sunbeam zudem den Pkw-Führerschein.
Anna Entfellner ist sich dennoch nicht ganz sicher, ob sie Bootsbauerin werden will. „Falls es mit dem Studium nicht klappt, wäre es aber eine Alternative.“Die 16-jährige Eugendorferin absolviert gerade ein Praktikum bei Sunbeam. Entfellner ist immer in Bewegung – Sportwissenschaften würde naheliegen. „Doch das Handwerkliche hat mich immer schon interessiert“, sagt sie.
Was Schöchl noch rät? Er stellt vermehrt Frauen für technische Berufe ein. Der Umgangston habe sich seither verbessert. Nachsatz: „Und wir haben auf diese Weise ein eigenes Damen-Segelteam.“
„Der Fachkräftemangel ist in Salzburg ein großes Thema.“Gerhard Schöchl, Sunbeam