Nordkorea hat Guam in Reichweite
Die USA fordern China und Russland erneut zum Handeln auf. Doch Peking sieht einen Konflikt, an dem es im Grunde gar nicht beteiligt ist.
Der amerikanische Außenminister fordert China und Russland dazu auf, stärkeren Druck auf Nordkorea auszuüben. „China liefert das meiste Öl. Russland beschäftigt die meisten nordkoreanischen Zwangsarbeiter“, sagte Rex Tillerson am Freitag und verlangte „neue Maßnahmen“gegen Nordkorea. Die Generäle in Pjöngjang hatten zuvor alle Warnungen in den Wind geschlagen, ihre Raketen- und Atomtests einzustellen. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit feuerten sie eine Rakete in Richtung Japan ab. Sie flog nach so weit wie nie zuvor. Sie erreichte eine Höhe von 770 Kilometern und stürzte nach 3700 Kilometern in den Pazifischen Ozean. Damit liegt der US-Stützpunkt Guam in Reichweite.
Der Kommandierende des U.S. Strategic Command, General John Hyten, bestätigte darüber hinaus, eine Analyse der unterirdischen Explosion vergangener Woche lasse kaum einen anderen Schluss zu, als dass Nordkorea tatsächlich im Besitz einer Wasserstoffbombe sei. Falls es Nordkorea gelinge, eine solche Bombe auf eine Mittel- bzw. Langstreckenrakete zu montieren, könnte das Regime eine ganze Stadt auslöschen.
Russland hat den neuerlichen Raketentest als nicht hinnehmbare Provokation verurteilt. Außenamtssprecherin Maria Sacharowa warf zugleich den USA eine aggressive Rhetorik vor. China wies die USForderung nach einem strikteren Vorgehen zurück. Kern des Problems sei der Konflikt zwischen Nordkorea und den USA – nicht China sei das Land, das für eine Verschärfung der Spannungen sorge, hieß es aus Peking.
Der UNO-Sicherheitsrat hat Freitagnacht den jüngsten nordkoreanischen Raketentest als „zutiefst provozierend“verurteilt. In einer nach einer Dringlichkeitssitzung einstimmig verabschiedeten Erklärung wurde Pjöngjang aufgefordert, sein „empörendes Vorgehen“sofort einzustellen. Nordkoreas Atom- und Raketentests seien eine Bedrohung nicht nur für die Region, „sondern für alle UN-Mitgliedstaaten“, hieß es in der Erklärung, der auch China und Russland zustimmten.
Der japanische Regierungschef Shinzo Abe erklärte, Nordkorea müsse vereint Einhalt geboten werden. Wenn es so weitermache, „wird es keine erfreuliche Zukunft haben“. Südkoreas Regierungschef Moon Jae-In meinte, unter diesen Umständen hätten Gespräche mit dem Norden keinen Sinn. US-Verteidigungsminister James Mattis sprach von einem „unverantwortlichen Akt“des Regimes. Zur Möglichkeit einer militärischen Reaktion wollte der Pentagon-Chef „im Moment nichts sagen“. Donald Trump selbst äußerte sich zunächst nicht.
Während sich die Situation im Streit mit Nordkorea zuspitzte, scheint eine Krise um das Atomabkommen mit dem Iran zunächst abgewendet. Trump ließ eine vom USKongress gesetzte Frist verstreichen, mit der er die Möglichkeit gehabt hätte, die Vereinbarung zu torpedieren. Er hatte im Wahlkampf mehrfach angekündigt, den Atomdeal mit dem Iran aufzukündigen.