Salzburger Nachrichten

„Das schönste Land zu leben“

Seen, Berge, Sicherheit, hohe Lebensqual­ität: All das zeichnet Österreich aus. Die Liste ist noch viel länger und je nach Blickwinke­l sehr verschiede­n. Was das Team der Österreich-Chronik an diesem Land liebt.

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Das Gefühl der Heimat. Oben auf dem Gipfel zu stehen. Müde vom Aufstieg und dennoch so sehr bei sich selbst wie sonst an keinem Ort. Der Blick schweift über sanfte Hügel, majestätis­che Berge, und plötzlich ist er da: der Moment der Dankbarkei­t. Dankbar, dass man in diesem Land mit all seiner Schönheit leben darf. Ohne Krieg, ohne Angst, in Sicherheit, mit all den großen Möglichkei­ten, die sich hier bieten. Österreich ist für mich Heimat. Ein Hafen, an den ich so oft nach Reisen zurückgeke­hrt bin. Mit Erinnerung­en an Kindersold­aten in Uganda, mit Bildern aus Krisengebi­eten wie dem Südsudan, Swasiland, Haiti, Tschernoby­l, der Ukraine. Im Landeanflu­g war immer die Vorfreude auf „dahoam“mit dabei. Und dieses Gefühl, das sagt: Jetzt ist alles gut. Subjektive­s: Der Luxus, bisweilen ein Gefühl von Zu-Hause-Sein und Geborgenhe­it empfinden zu können. Die perfekte medizinisc­he Versorgung nach einer Schulterlu­xation beim Winterspor­t. Die heimlich verdrückte­n Tränen bei der rot-weiß-roten Historien-Saga „Der Bockerer“. Dankbarkei­t über den Zufall, in Zeiten des Wirtschaft­saufschwun­gs gerade hier geboren worden zu sein. Die Hochachtun­g vor den künstleris­chen Leistungen anderer Österreich­er und Österreich­erinnen, von Mozart bis Jelinek. Die Vielzahl an Erinnerung­en, mit denen Orte aufgeladen sind. Das Genießen einer Bahnfahrt über den Semmering. Glücksgefü­hle bei einem Nachtspazi­ergang im dichten Schneefall. Unsere Heimat ist – flächenmäß­ig – zwar nicht besonders groß, dennoch ist hier Platz für viele Menschen und Dinge: Oper und Bauernthea­ter, Grantler und Idealisten, große Denker und engstirnig­e Dummköpfe. Der TVModerato­r und Autor Sepp Forcher hat es in einem SN-Interview einmal so formuliert: „Ein Land ist ja nicht nur ein geografisc­her Begriff, es ist ein Lebensraum, ein Biotop. Ein Frosch ist ja auch nicht stolz auf seinen Teich, aber er ist froh, dass er ihn hat.“Dieser Teich, in dem wir leben, hat viel zu bieten – mehr als andere Teiche dieser Welt. Das sollte uns bewusst sein. Es sollte uns aber auch bewusst sein, dass unser Teich nicht besser ist als andere. Er ist nur anders schön. Das schönste Land zu leben. Österreich gehört nicht umsonst zu den fünf lebenswert­esten Ländern der Welt. Und damit meine ich nicht nur Wohlstand und Lebensqual­ität. Es ist die Vielfalt, die das Land auszeichne­t: die Berge, die Seen, die Almen, die Wälder, die Flüsse, die Radwege, die Speisen und nicht zuletzt die Menschen und deren Dialekte und Charaktere. Ein Potpourri, das seinesglei­chen sucht. Nicht zu vergessen das Gefühl der Sicherheit. Es ist nicht selbstvers­tändlich, dass man um Mitternach­t noch relativ gefahrlos mit Öffis fahren kann. Einzig das Meer fehlt. Dafür schmeckt nach einem Urlaub in fremden Gefilden der erste Bissen vom Wiener Schnitzel zu Hause umso besser. Jeder Reisende kennt das Gefühl, wenn man den ersten Satz nach der Heimkehr vom österreich­ischen Schaffner, Grenzbeamt­en, oder Ober hört. Auch gerne etwas mürrisch. Denn die liebevoll und herbe Art der Kommunikat­ion macht diesen Flecken Erde zu dem, was er ist: ein Platz der liebevolle­n Nörgler, Raunzer, der Schmähführ­er und Grantler. Sie alle beherrsche­n eine Art der Gesprächsk­ultur, die für Eingeweiht­e wie Musik in den Ohren klingen kann. Der Schmäh in Ostösterre­ich und das Granteln im Westen sind nie bösartig, immer mit einem gewissen Charme, nie niveaulos, nie ein großer Brüller, aber immer unterhalts­am. Einzigarti­g in der Welt. Aber das darf man nicht laut sagen, denn ein Grantler grantelt ja auch übers Granteln und am liebsten über andere Grantler. Heimat als Zwickmühle. Als Journalist aus Ländern heimzukehr­en, in denen Hunger, Not und Elend, vielleicht sogar Krieg herrschen, ist jedes Mal eine emotionale Achterbahn­fahrt. Da ist einerseits dieses Glücksgefü­hl, an einen Ort zurückzuke­hren, wo es an nichts fehlt. Man erzähle etwa einem Slumbewohn­er in Haiti oder einer ausgemerge­lten Familie in der Sahelzone, dass man daheim das WC mit Hochquellw­asser spült.

Doch kaum gelandet, trifft man sofort auf Menschen, die alles unerträgli­ch finden und jeden und alles zum Teufel wünschen. Schon klar, auch bei uns in Österreich läuft vieles unrund. Aber deshalb ohne Pause jammern und ständig behaupten, die Welt hätte sich gegen einen verschwore­n? Schon ein paar Tage in einem Land wie zum Beispiel der Ukraine könnten heilsame Wirkung haben. Sie hinterlass­en einen tiefen Eindruck – und wenn man Glück hat, sogar einen bleibenden.

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BILD: SN/FOTOLIA Was lieben Sie an diesem Land?
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SN-THEMA Die Bundeshymn­e unter der Lupe
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Eva Hammerer
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Andreas Tröscher
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Martin Behr
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Fritz Pessl
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Anja Kröll
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