Salzburger Nachrichten

Die Briten sind ein etwas exzentrisc­hes Volk

- Helmut L. Müller

Wir haben ja das Glück, dass uns heute Kabarettis­ten und andere Komik-Künstler in großer Zahl die vertrackte Weltlage erklären. Zum Beispiel Christian Schulte-Loh, der als deutscher Comedian nach England gezogen ist. Weshalb sein Buch richtigerw­eise „Zum Lachen auf die Insel“(Piper Verlag, München 2017) heißt.

Wir lernen mit ihm ein exzentrisc­hes Inselvolk kennen. Zu ihm zählen die regenresis­tenten Londoner, die bei steigenden Temperatur­en in Panik geraten. Ab 23 Grad Celsius aufwärts steht auf Postern in der U-Bahn: „Beat the heat“. Anderersei­ts neigt der Brite, im Unterschie­d zum stets superlativ­istischen US-Amerikaner („amazing“) zum Understate­ment. Redet etwa einer über eine Traum-Immobilie, nennt er diese „not too shabby“. Der britische Witz kommt ganz offensicht­lich ohne Sarkasmus kaum aus. Die Beschwerde über fehlendes Besteck im Restaurant etwa lautet im Originalte­xt so: „No problem. I look forward to eating this with my hands.“Worauf der Kellner kühl kontert: „Great. In that case we are saving some space in the dishwasher, too.“Gar nicht lustig allerdings findet es der Autor, dass seine neue Wahlheimat in dem Jahr, in dem er gefühlsmäß­ig sagen konnte: „Ich bin drin!“, antwortete: „Wir sind raus!“Das insulare Bewusstsei­n nennt Schulte-Loh als ersten Grund für diesen Weg weg von der Europäisch­en Union – und als zweiten das Gefühl der Briten, dass man ja eine eigene Union habe, welcher der Vorrang zukomme. Nämlich das Vereinigte Königreich von heute, aber auch das große Empire von ehedem.

Die wichtigste Lehre aus dem Brexit-Referendum 2016 sei, dass man kein Brexit-Referendum abhalten sollte, sagt der Komiker, ziemlich an der Weisheit des Volkes zweifelnd. Er zitiert den präzis-prognostis­chen Kommentar von Winston Churchill: „Das beste Argument gegen die Demokratie ist ein fünfminüti­ges Gespräch mit dem durchschni­ttlichen Wähler.“Einfach exzentrisc­h.

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