Im Bahnhofsviertel entfaltet Musik neue Zugkraft
Das Festival Take The A-Train schaffte in Salzburg zum dritten Mal ungewöhnliche Begegnungszonen.
SALZBURG. Wenn ein Festival das ganze Bahnhofsviertel zur Bühne erklärt, dann stehen die Chancen gut, dass die Musik in dieser Zone des ständigen Kommens und Gehens auch eine außergewöhnliche Bandbreite an Publikum erreichen kann. Sogar der Bundeskanzler stattete da am Samstag dem Musikfestival Take The A-Train auf dem Weg zum nächsten Wahlkampftermin einen Kurzbesuch ab. Den Wahlslogan, dass man sich holen solle, was einem zusteht, hatte freilich schon tags zuvor einer der Stars des Festivals auf dem Bahnhofsvorplatz vorweggenommen: „Die Stadt gehört wieder mir“heißt ein Hit der Rapperin Fiva. Begleiten ließ sie sich von der Jazzrausch Bigband. Musikalisch waren die Jazzexperten mit den einfach-eingängigen Hip-HopArrangements freilich nicht überfordert: Bläser und Streicher rollten vielmehr einen luxuriös breiten Soundteppich für die Reime und immer wieder auch frisch improvisierten Wortspiele der Rapperin aus. Das Publikum bereitete ihnen dafür großen Bahnhof.
Um eine kleinliche Jazz-Auslegung geht es bei Take The A-Train ohnehin nicht: Wie stark das Festival auch im dritten Jahr von großen Kontrasten auf kleinem Raum profitiert, war am Freitag beim Spazieren von Spielort zu Spielort zu erleben. Im Volksbankfoyer wurde ebenso musiziert wie im Lager der Caritas, im Bahnhofsrestaurant oder im intimen Salon des Hotels Hohenstauffen, wo nach dem WoodAir Quartet der Gitarrist Yorgos Pervolarakis seinen Klangkosmos zwischen Klassik, Chanson, Jazz und Tom Waits absteckte. Seinem Wunsch, die Handys auszuschalten, kamen alle gern nach, von anderen Geräuschen wie plötzlich herunterfahrenden Jalousien ließ sich der Gitarrist in seinem intimen Solo auch nicht aus der Ruhe bringen. Später, im Jazzit, gab es zu diesem JazzKammerspiel einen kräftigen Kontrast: Das Trio Cafe Drechsler, das sich nach zehn Jahren Pause wieder zusammengefunden hat, knüpfte an sein Konzept von damals an, den Sound der Elektro-Kultur mit Schlagzeug, Bass und Saxofon live weiterzutreiben, und machte mit hartnäckigen Grooves und manch launiger Zwei-Ton-Improvisation Zuhörer zu Tanzenden.
Höhepunkt zum Schluss: Beim frühmorgendlichen Konzert um 6.30 Uhr am Sonntag ließen Christoph Pepe Auer und Manu Delago in der Skybar der Tanzschule Seifert trotz verhangenen Morgenhimmels vor den Panoramafenstern die Sonne aufgehen. Mit Bassklarinette und Hang (einer zwingenden Mischung aus Percussion- und Melodieinstrument) machten sie sogar aus Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“eine zart schwebende Kammermusik. Danach holten sie sich, was ihnen zustand: viel Jubel.