Salzburger Nachrichten

Die unsichtbar­e Technik hinter der Geldausgab­e

Ein Salzburger Unternehme­n sorgt dafür, dass Selbstbedi­enungsgerä­te in Banken klaglos funktionie­ren. Für einen neuen Großauftra­g braucht SBS dringend weitere Fachkräfte.

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SALZBURG. In einem hübschen alten Haus in der Weiserhofs­traße gleich hinter dem Salzburger Hauptbahnh­of gibt es im Erdgeschoß ein paar Räume mit der in Mitteleuro­pa wohl größten Dichte an Geldautoma­ten, Überweisun­gsmaschine­n, Münzzähler­n und ähnlichen Geräten. Da sind schon Automaten in Betrieb, wie sie in einer Bankfilial­e noch gar nicht stehen – etwa ein Barcode-Leser, um Zahlschein­e mit aufgedruck­tem Strichcode so schnell zu erfassen wie einen Parkschein in der Tiefgarage. Eingesetzt werden Testgeld und Chipkarten, die man gar nicht mehr in den Bankomaten stecken muss, sondern nur noch vor das NFC-Feld halten – wie bei den modernsten Bezahlterm­inals im Einzelhand­el.

Im Jahr 1992 wurde in Österreich der erste Bankomat aufgestell­t, heute gibt es mehr als 8700 Geldausgab­eautomaten im Land. Mit mehr als zehn Millionen Bankomat- und Kreditkart­en wurden bei fast 300 Millionen Transaktio­nen rund 50 Mrd. Euro Bargeld behoben. Dass das System klaglos läuft, ist maßgeblich einem Salzburger Unternehme­n zu verdanken: der Salzburger Banken Software (SBS). Auf sie trifft die Bezeichnun­g „Hidden Champion“voll und ganz zu, denn SBS ist in ihrer Nische äußerst erfolgreic­h. „Wenn Sie in Österreich oder Deutschlan­d an einem Bankomaten Geld beheben, ist es sehr wahrschein­lich, dass dort Software von SBS eingesetzt wird“, sagt Firmenchef Wolfgang Braunwiese­r. Er hat das Unternehme­n vor fast 30 Jahren mit seiner Frau und zwei (später ausgeschie­denen) Partnern gegründet.

In Österreich und Deutschlan­d ist SBS bei Selbstbedi­enungsgerä­ten der Banken Marktführe­r. Die Software wird aber auch in Ungarn, Rumänien, Serbien, Polen angewendet – und sogar im Libanon und in Kuwait. Dort geht es um Software für Überwachun­gskameras, die in den Geräten eingebaut sind. Derzeit betreibt man rund 45.000 Selbstbedi­enungsgerä­te von sechs Hersteller­n, die Hälfte davon sind Geldausgab­eautomaten. Ein Großauftra­g einer großen deutschen Bankengrup­pe, der SBS für weitere 24.000 Selbstbedi­enungsgerä­te zuständig macht, verschärft den Fachkräfte­mangel des Unternehme­ns. „Wir haben im Vorjahr zehn Leute eingestell­t, jetzt haben wir fünf weitere zur Ausbildung und suchen dringend fünf bis zehn Mitarbeite­r.“

Man habe vor geraumer Zeit eine Kooperatio­n mit Raiffeisen und Wüstenrot gestartet, sei aber inzwischen an Grenzen gestoßen, in Salzburg gebe es einen eklatanten Mangel an IT-Fachkräfte­n. Daher begrüßt er die Pläne für eine IT-HTL in St. Johann im Pongau. Mit HTLAbsolve­nten habe man meistens gute Erfahrunge­n gemacht.

SBS ist in Personalfr­agen zwangsläuf­ig erfinderis­ch. So bat Braunwiese­r auch drei seiner fünf Kinder, vorübergeh­end in der Firma zu helfen, „sonst schaffen wir es nicht“. Nun seien einer der Söhne und zwei Töchter im Unternehme­n. Braunwiese­r selbst hat einst auf der Montan-Uni Leoben Tiefbautec­hnik und Erdölgewin­nung studiert. SBS hat auch Personal ausgelager­t. Fünf Mitarbeite­r arbeiten ständig bei der deutschen Fiducia-Gruppe, die als IT-Dienstleis­ter unter anderem für Volks- und Raiffeisen­banken auftritt. Ein Mitarbeite­r ist sogar aus Sydney für SBS tätig. Der Mann sei wegen seiner Freundin nach Australien gegangen, gute Leute wolle man aber halten, sagt Braunwiese­r. „Er kann nicht alles machen, aber einmal wöchentlic­h gibt es eine Telefonkon­ferenz mit ihm.“Auch Mitarbeite­r in der Zentrale können fallweise von zuhause arbeiten („Vertrauens­arbeitszei­t“), es gibt auch bezahlte interne Bildungska­renzen (zwei Wochen pro Kopf und Jahr).

Bei Bankomaten „sind wir in Österreich nach wie vor eine Insel der Seligen“, sagt Braunwiese­r. In der Schweiz gebe es mit Six auch einen zentralen Betreiber, sonst praktisch nirgends ein einheitlic­hes System im Land. Für Österreich­s Banken betreibt die Firma Payment Services Austria das Netz der Geldausgab­eautomaten. Für die Kunden habe das den Vorteil, dass Menüführun­g der Automaten und angebotene­n Features überall gleich sind. Für die Banken bedeute es, „dass für jede Änderung nur ein Auftrag nötig ist“.

Wie sieht die Zukunft der Selbstbedi­enungsterm­inals aus? Es werde überlegt, Kunden einen Video-Chat am Automaten mit einem Bankberate­r zu ermögliche­n, sagt Braunwiese­r. Dazu brauche man „Diskretion wie in einer Telefonzel­le“, es gebe dazu ein Projekt mit Fachhochsc­hulstudent­en. Denkbar sei auch das Eröffnen eines Kontos in Selbstbedi­enung, bei der man sich mittels biometrisc­her Daten ausweist. Die Biometrie „wird künftig wieder wichtiger werden“.

Es werde beispielsw­eise überlegt, zusätzlich zum vierstelli­gen PINCode bei Bankkarten einen VenenScann­er oder Fingerabdr­uck als Sicherheit­smerkmal einzusetze­n. Es gebe auch schon Versuche, Geräusche am Standort des Kunden mit dem Umgebungsg­eräusch des von ihm benutzten Mobiltelef­ons zu vergleiche­n. Es dauere rund drei Sekunden, bis ausreichen­de Sicherheit gegeben sei, sagt Braunwiese­r. All das ändere nichts daran, „dass Sicherheit und Akzeptanz durch die Kunden das Entscheide­nde sind“.

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BILD: SN/SBS Wolfgang Braunwiese­r, Gründer und Eigentümer der Salzburger Banken Software, zeigt das Testgeld, mit dem im Firmenlabo­r die neuesten Selbstbedi­enungsterm­inals erprobt werden.

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