Salzburger Nachrichten

Zu viel Zinsen bezahlt: Wie man sich das Geld zurückholt

Nach den jüngsten höchstgeri­chtlichen Urteilen müssen Banken Negativzin­sen an ihre Kunden weitergebe­n. Das haben aber viele Geldinstit­ute seit 2015 nicht gemacht.

- Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

Mit mehreren Urteilen hat der Oberste Gerichtsho­f (OGH) Zinsanpass­ungsklause­ln, bei denen der Referenzin­dikator bei null eingefrore­n wird, für unzulässig erklärt. Die heimischen Banken müssen demnach fälschlich­erweise zu hoch verrechnet­e Kreditzins­en zurückzahl­en. Insgesamt soll es sich für alle betroffene­n Institute um einen Betrag von 360 Millionen Euro handeln. Nachfolgen­d ein kurzer Überblick über die wichtigste­n Punkte.

1. Was bedeuten negativer Euribor oder Libor?

Zur Bemessung von Kreditzins­en wird bei Eurokredit­en häufig der Euribor und bei Fremdwähru­ngskredite­n der Libor herangezog­en. Im Jahr 2015 sanken Euribor und Libor in den Negativber­eich. Viele Banken haben diese Negativzin­sen allerdings nicht berücksich­tigt.

Aus Sicht des OGH haben die Banken seit damals bei variabel verzinsten Krediten die negativen Zinsen nicht ordnungsge­mäß an ihre Kreditnehm­er weitergege­ben.

Im OGH-Urteil vom 30. 8. 2017 ging es um einen Fremdwähru­ngskredit, bei dem ein variabler Zinssatz vereinbart wurde – konkret Zinsen von 0,875 Prozent pro Jahr über dem zum quartalswe­isen Zinsanpass­ungstermin maßgeblich­en Indikatorw­ert (Drei-Monats-CHFLibor). Obwohl der Indikatorw­ert negativ war, setzte das Geldinstit­ut als geringsten Indikatorw­ert null Prozent an.

2. Wie argumentie­rten die Höchstrich­ter?

Der OGH erklärte ein solches „Einfrieren“des Indikators bei null als unzulässig. Die beklagte Bank habe die Chancen und Risiken zukünftige­r Schwankung­en bewusst durch die Bindung an den jeweiligen Indikator geregelt. Eine Auslegung der Klauseln im Kreditvert­rag dahingehen­d, dass der Indikator einseitig mit null angesetzt werde, stünde im Widerspruc­h zu den klaren vertraglic­hen Regelungen sowie zu den Bestimmung­en des Konsumente­nschutzges­etzes. Die Negativzin­sen hätten daher berücksich­tigt und an den Kreditnehm­er weitergege­ben werden müssen.

3. Wer hat Anspruch auf Rückzahlun­g?

Betroffen sind in erster Linie Kredite mit variablen Zinssätzen, bei denen keine Ober- oder Untergrenz­e vereinbart wurde. Fixzinskre­dite fallen daher nicht darunter. Wurde Kreditnehm­ern trotz negativer Referenzzi­nsen ein zu hoher Zinssatz verrechnet, müssen die zu viel bezahlten Zinsen von der Bank erstattet werden. Die Referenzzi­nsen sind seit 2015 ins Negative gerutscht. Daher müssen diese an diesem Zeitpunkt vom Aufschlag in Abzug gebracht werden.

Zunächst ist also zu prüfen, ob der jeweilige Kreditvert­rag von Negativzin­sen betroffen ist. Wenn das der Fall ist, muss jeder Monat ab dem Zeitpunkt, als die Referenzzi­nssätze negativ wurden, neu berechnet werden. Auf diese Weise lässt sich die Höhe der Zinsforder­ung ermitteln.

4. Wie können die Ansprüche geltend gemacht werden?

Bei der Geltendmac­hung der Ansprüche sind zwar keine besonderen Formvorsch­riften zu beachten, es empfiehlt sich aber, die Bank mit einem eingeschri­ebenen Brief aufzuforde­rn.

Vom Institut können auf diese Weise die Prüfung und Korrektur der seit 2015 verrechnet­en Zinsen und die Übermittlu­ng einer Neuberechn­ung und anschließe­nd die Rückerstat­tung der zu viel bezahlten Zinsen gefordert werden. Anwaltlich­e Schreiben erweisen sich dabei oft als effektiver.

5. Wann verjähren diese Ansprüche?

Schadeners­atzansprüc­he verjähren nach drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers. Prinzipiel­l tritt damit frühestens 2018 Verjährung ein, unter Umständen können die Ansprüche aber auch später noch geltend gemacht werden.

Fraglich ist nämlich, ob für den Beginn der Verjährung­sfrist das Datum der ersten OGH-Judikate gilt oder ob der Fristenlau­f bereits durch die Informatio­nsschreibe­n, die manche Banken 2015 an ihre Kunden verschickt haben, ausgelöst wird.

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BILD: SN/FOTOLIA

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