Elefantenrunde im Privat-TV
Alle gegen Kurz. Und einige Überraschungen.
Die Wahl in Deutschland ist geschlagen, Österreich hingegen ist erst bei den Wahlkampf-Elefantenrunden angekommen, deren erste Sonntagabend über die Bretter von Puls 4 ging. Und zwar unter Teilnahme von Peter Pilz, der ja vom ORF nicht in dieses Diskussionsformat eingeladen wird. Was fiel auf? Wie so oft, konnte sich ÖVP-Obmann Sebastian Kurz, der eigentlich als Herausforderer Bundeskanzler Christian Kerns in den Wahlkampf gegangen ist, wie ein Amtsinhaber präsentieren, den alle jagen. Denn vor allem in den ersten 90 Minuten machten ihm seine Gegner den Gefallen, alle Attacken gegen ihn zu richten. Was dem ÖVPChef die unverhoffte Möglichkeit bescherte, lange und ausführlich replizieren zu können.
Nicht wirklich verständlich war, dass die Moderatoren die erste ausführliche Fragerunde einem Thema widmeten, das längst abgefrühstückt ist: Wer warum wann diese Neuwahl verschuldet habe. Ist egal, band aber wertvolle Sendezeit. Bundeskanzler Christian Kern brachte immerhin die Botschaft unter, dass seine Partei die Grunderwerbssteuer abschaffen wolle. Auch Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek brachte etwas unter, nämlich den Klimawandel.
Was fiel noch auf? Viele Gleichklänge zwischen Kurz und Neos-Chef Matthias Strolz, etwa in der Frage der Besteuerung. Gleichlautende Attacken von Kern und Pilz gegen Kurz, weil der die Unternehmenssteuer senken wolle. Kurz geißelte staatliche Verschwendung in einer Schärfe, dass man fast vergessen konnte, dass er seit mehr als sechs Jahren in der Regierung sitzt. Kurz und Kern warfen einander dubiose Wahlkampffinanzierung vor. Lunacek bezichtigte Kurz, am Gängelband der Großindustrie zu hängen. Pilz fürchtete sich vor einer „Wiedergängerregierung“aus ÖVP und FPÖ, die wie vor anderthalb Jahrzehnten in Affären versinken werde. Strache beschwerte sich über die Gesprächsführung von Corinna Milborn.
Gab es auch Überraschungen? Durchaus, und zwar im Zusammenhang mit der Idee von Puls 4, konkrete Fragen der Moderatoren mit „Ja“- und „Nein“-Taferln beantworten zu lassen. Bei der Frage, ob Asylberechtigte die selben Sozialleistungen erhalten sollten als Österreicher, zückten nicht nur Kurz und Strache, sondern auch Kern das „Nein“-Taferl. Peter Pilz und Ulrike Lunacek konnten sich – trotz grüner Provenienz – weder für ein klares „Ja“noch für ein klares „Nein“entscheiden. Das „Ja“-Taferl hielt nur Neos-Chef Strolz in die Kamera. Eindeutiger die Taferl-Bekenntnisse bei der Frage nach einer staatlichen Mietpreisbremse, Kern, Lunacek und Pilz sind für eine solche, Kurz, Strache und Strolz dagegen. Letzterer führte sich durch diesen Vorschlag gar an Venezuela erinnert. Noch 21 Tage. Und etliche TVDiskussionen.