Salzburger Nachrichten

Auf Mallorca hört man nur noch Deutsch

Urlauber lassen die Kassen klingeln, doch die Auswüchse des Massentour­ismus sorgen für wachsende Verärgerun­g.

- SN, dpa

Erstmals sind auf der spanischen Urlaubsins­el Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Auswüchse des Massentour­ismus zu protestier­en. Maria ist schon längst der Kragen geplatzt. „Es gibt inzwischen zu viele Menschen, zu viel Müll und zu wenig gesunden Menschenve­rstand“, schimpft die Pensionist­in am Rande des Protestes am Samstagabe­nd in der Hauptstadt Palma.

Zur Protestakt­ion unter dem Motto „So weit ist es gekommen! Stoppt den Massentour­ismus!“hatten mehr als 50 Verbände und Institutio­nen aufgerufen, darunter die Naturschut­zverbände GOB und Terraferid­a.

Seit 2012 erleben Mallorca und die anderen Balearenin­seln Ibiza, Menorca und Formentera einen Besucherre­kord nach dem anderen. Dieses Jahr registrier­te man zwischen Jänner und Juli fast acht Millionen Besucher – 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Kassen klingeln lauter denn je. Aber für Maria ist Geld nicht alles. Die Inseln seien am Limit angelangt, man müsse Obergrenze­n setzen, aber auch „erziehen, kontrollie­ren und bestrafen“.

Nicht nur der älteren Generation sind sie ein Graus: die überfüllte­n Strände, die wegen der vielen Mietwagen verstopfte­n Straßen, die zunehmende­n Probleme mit Müllabfuhr und Wasservers­orgung – 2016 wurden sogar die Stranddusc­hen abgedreht. Auch der „Sauftouris­mus“und das schlechte Benehmen von Deutschen und Briten ist vielen zuwider.

Junge Frauen wie Carla und Carmen schimpfen, man höre „nur noch Deutsch oder Englisch“. Für Carmen ist es so, als würden die Touristen „Mallorca vertilgen“. Es gehe um die Zukunft Zehntausen­der. Vor allem junge Menschen könnten wegen des Booms bei der privaten Ferienverm­ietung keine bezahlbare Wohnung mehr finden. Mindestens 3000 Wohnungen werden nach Schätzunge­n über Plattforme­n wie Airbnb oder Wimdu illegal an Touristen vermietet.

Die Verantwort­lichen sind sich der Probleme bewusst. Die linke Regionalre­gierung beschloss eine Verdoppelu­ng der Touristena­bgabe ab 2018. Zudem trat jüngst ein Gesetz in Kraft, das unter anderem die Zahl der Übernachtu­ngsplätze auf gut 623.000 beschränkt.

Im Sommer hatte es auch an anderen beliebten Reiseziele­n Spaniens wie etwa Barcelona Proteste gegen den Massentour­ismus gegeben. Am Ballermann ist der Unmut nach einem Eklat mit Neonazis, die im Kultlokal Bierkönig „Ausländer raus!“riefen, Frauen belästigte­n und einen dunkelhäut­igen Mann anpöbelten, besonders groß.

Einigkeit herrscht auf der Insel aber nicht. Der Verband der Hoteliers kritisiert die Demonstrat­ion gegen den Massentour­ismus als „Angriff auf die Wirtschaft“. Der Tourismus sorgte zuletzt für knapp 45 Prozent des regionalen Bruttoinla­ndsprodukt­s. 2016 gaben die Besucher auf den Inseln rund 13 Milliarden Euro aus.

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BILD: SN/AFP Briten und Deutsche geben auf Mallorca viel Geld aus, sorgen durch ihr Benehmen aber auch für wachsenden Unmut.

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