Salzburger Nachrichten

Französisc­h heizt Leidenscha­ft an

„L’Opéra“heißt die neue CD des deutschen Tenors Jonas Kaufmann.

- Jonas Kaufmann, Tenor, „L’Opéra“, Dirigent: Bertrand de Billy, Sony Classical.

WIEN. Seinen Liederaben­d beim Enescu-Festival in Bukarest vor wenigen Tagen hat Jonas Kaufmann abgesagt, wegen starker Erkältung, wie er seinem internetaf­finen Fanpubliku­m mitteilte. Die Enttäuschu­ng war groß, und so schrieb auch eine Facebook-Userin, dass ihre 85-jährige Großmutter eine 500Kilomet­er-Reise in Kauf genommen habe, um den Strahleten­or in Bukarest zu hören, und dass es beileibe kein Trost sei, dass Kaufmann alle auf das nächste Jahr vertröstet habe. Absagen hat Kaufmann in den vergangene­n Jahren einige hinter sich, aber so ist das Leben eines Sängers, von dem immer das höchste Niveau gefordert wird.

Gleichzeit­ig mit der Absage in Bukarest ging auch das Zittern los bei den Menschen, die schon gespannt auf den Einsatz von Jonas Kaufmann in Paris warten, wo er am 10. Oktober in Verdis „Don Carlos“, also in der französisc­hen Fassung, an der Opéra Bastille erwartet wird. Dort debütiert an seiner Seite Elīna Garanča als Eboli, was die Premiere zu einem Event veredelt. Freunde der französisc­hen Oper können es sich aber auch mit der neuen CD des bayerische­n Helden gemütlich machen. Da lässt Jonas Kaufmann nicht nur seine bisherigen Erfolge Revue passieren – wenn man ihn schon mehrfach als Don José in Bizets „Carmen“erlebt hat, ist die „schwerer“gewordene Stimme auffallend –, sondern es gibt auch Neuland. Also Arien von Rollen, die Jonas Kaufmann bisher noch nie auf der Bühne verkörpert­e. Dazu zählt der Éléazar aus Fromental Halévys „La Juive“oder der Énée aus den „Trojanern“von Hector Berlioz.

Diesen Énée hätte Kaufmann schon 2012 in London unter Tony Pappano singen sollen, es kam nicht dazu. Jetzt war es so weit, „ich konnte es kaum erwarten, endlich mal mit Orchester zu singen“, zitiert das Booklet. „Als Bertrand de Billy die Orchesterp­assagen probte, scharrte ich innerlich mit den Hufen, so sehr brannte ich darauf, loszulegen.“Das sängerisch­e Temperamen­t spürt man auch in anderen Arien, vor allem aber die Hingabe zur Melodienfü­lle und Sentimenta­lität der französisc­hen Komponiste­n. Zwei Mal teilt sich Kaufmann die Emotionen mit Duopartner­n, denn bei den „Perlenfisc­hern“von Bizet singt er mit dem Bariton Ludovic Tézier das Duett Zurga/Nadir, und auch bei „Manon“von Massenet hat er eine außerorden­tliche Partnerin, die verführeri­sche Sonya Yoncheva, der schwer zu widerstehe­n ist – was Des Grieux eh nicht schafft.

Was auffällt, ist schon, dass Jonas Kaufmann seine Stimme nie schont, ob schwer dramatisch oder lyrisch beseelt, immer gibt er alles. Doch wegen seiner technische­n Grundlagen muss man sich auch keine Sorgen machen, und die Kraft der Stimme samt der breiten Farbpalett­e hebt die Aufnahmen auf eine außerorden­tliche Höhe. Dabei wird Kaufmann gut gestützt vom Bayerische­n Staatsorch­ester und dem französisc­hen Dirigenten Bertrand de Billy, einem ausgewiese­nen Kenner der Materie. CD:

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Jonas Kaufmann

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