Wien versteckt die Frühpensionitis
Die Personalkommission verliert ihre Mitbestimmungsmöglichkeit.
WIEN. Die Frühpensionierungen bei der Stadt Wien gehen munter weiter. Heuer gab es bereits 393 vorzeitige Ruhestandsversetzungen aus gesundheitlichen (370) und organisatorischen (23) Gründen – die Betroffenen waren im Schnitt 55,4 Jahre alt. Dabei sind in diesen Daten der Personalkommission die vorzeitigen Massenpensionierungen bei den Wiener Stadtwerken noch gar nicht enthalten. Jene, 798 an der Zahl, wurden vergangenes Jahr per Vorratsbeschluss fix gemacht und erfolgen seit Herbst 2016 schrittweise; abgeschlossen ist diese „organisatorische“Pensionierungswelle im Herbst 2018.
Es ist aber diesmal weniger die Beharrlichkeit, mit der das rot-grün regierte Wien an seiner Frühpensionitis-Politik festhält, die Gemeinderat Wolfgang Ulm (ÖVP) in Rage bringt – sondern der Umstand, dass sie künftig hinter verschlossenen Türen ablaufen wird. Denn die bevorstehende Wiener Besoldungsund Dienstrechtsreform werde dazu genutzt, die Gemeinderätliche Personalkommission „de facto abzuschaffen“. Sie existiere zwar weiter, werde aber „völlig ausgehöhlt. 99 Prozent der Aufgaben fallen weg.“Konkret: die Abstimmungen über jede einzelne Ruhestandsversetzung. Sie füllten die Tagesordnungen der im Monatstakt stattfindenden Sitzungen fast zur Gänze. Nach der jüngsten Sitzung am Mittwoch werde es nun nur noch zwei in dieser Art geben. „Dann ist es vorbei“, sagt Ulm, der als Mitglied der Kommission bisher zumindest regelmäßig auf die vielen Frühpensionierungen hinweisen konnte.
Ab 2018 könnten Magistrat und Personalstadtrat „allein und geheim“ bestimmen. Die Rolle der Personalkommission (die Gewerkschafter und Politiker aller im Gemeinderat vertretenen Parteien versammelt) werde darauf reduziert, die Berichte, die der Personalstadtrat hinfort zwei Mal im Jahr vorzulegen habe, im Nachhinein abzunicken. ÖVP-Mandatar Ulm spricht von einem „Tiefpunkt“in der Kommunalpolitik: „Statt endlich die Politik zu ändern und das Problem zu lösen, wird es versteckt, damit die Opposition nicht mehr nerven kann. Das ist unglaublich.“
Im Gesamtjahr 2016 stellte sich „das Problem“so dar: 1283 Beamte wurden in den Ruhestand versetzt, davon 88 Prozent vorzeitig, darunter 423 aus gesundheitlichen und 363 aus organisatorischen Gründen (inkl. Stadtwerke), dazu kamen andere Frühpensionierungen (etwa wegen langer Versicherungsdauer). Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter der Wiener Gemeindebediensteten 2016: keine 58 Jahre.
Im Büro von Personalstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) heißt es knapp, man stelle die Personalkommission „auch im Sinne der Verwaltungsvereinfachung“auf ein „zeitgemäßes Instrument“um und baue „das Berichtswesen“aus.