Der Bundestag tüftelt an der künftigen Sitzordnung
Umstritten ist, wo die Abgeordneten der Rechtsaußen-Partei AfD im Plenarsaal Platz nehmen sollen. Die anderen Fraktionen bleiben auf Distanz.
BERLIN. Der Deutsche Bundestag muss sich nach der Wahl vom 24. September neu sortieren. Statt bisher 630 ziehen 709 Abgeordnete ins Parlament ein. Platzprobleme entstehen dadurch nicht. Allerdings gibt es politisches Gezänk um die Sitzordnung: Keine der anderen Fraktionen will neben den Vertretern der Rechtsaußen-Partei Alternative für Deutschland (AfD) sitzen.
Gemäß der politischen Einordnung wäre es naheliegend, wenn die AfD vom Rednerpult aus ganz rechts säße. Damit säße sie allerdings in unmittelbarer Nähe zur Regierungsbank (und im Fokus der TV-Kameras), was viele für problematisch halten. Und ganz links im Plenarsaal? Dort sitzt schon, aus einleuchtenden Gründen, die Linke – und die will auch dort bleiben.
Tatsächlich hat die SPD vorgeschlagen, die AfD am rechten Rand des Plenarsaals zu platzieren. Links daneben die FDP, dann CDU/CSU, SPD, Grüne und ganz links die Linkspartei. Die FDP freilich ist gegen diese Sitzordnung. Die Liberalen wollen lieber zwischen Grünen und Union sitzen. Das soll ein Signal für ein Zusammenrücken in der angestrebten „Jamaika-Koalition“aus Union, FDP und Grünen sein. Das würde aber bedeuten, dass die CDU/CSU-Parlamentarier neben der AfD-Fraktion Platz nehmen müssten. Aber auch bei ihnen hält sich die Begeisterung über solche Sitznähe in engen Grenzen.
Auch die AfD muss sich erst sortieren. Nach der bisherigen AfDParteichefin Frauke Petry verlässt der Abgeordnete Mario Mieruch ebenfalls die Bundestagsfraktion der Rechtsaußen-Partei. Er begründet diesen Schritt mit mangelnder Abgrenzung von Partei und Fraktion von der extremen Rechten.
Zwar steht die Forderung, „das Experiment Euro geordnet zu beenden“, nach wie vor im Programm der AfD. Doch gewählt wird sie wegen dieser Gründungsidee schon lang nicht mehr. Längst ist sie zur starken Protestpartei geworden, die den Sprung nicht nur in 13 Landesparlamente und das EU-Parlament, sondern jetzt auch in den Deutschen Bundestag geschafft hat. Und nun droht ihr erneut die Spaltung.
Gegründet wurde die AfD im April 2013. Sie hatte anfangs das Image einer Professoren-Partei, weil sich neben Bernd Lucke, dem Hamburger Professor für Makroökonomie , zahlreiche weitere Hochschuldozenten unter den Gründern befanden. Aber auch der ehemalige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), HansOlaf Henkel, gehörte dazu.
Schon 2014 gab es die ersten Austritte wegen eines kritisierten Rechtsrucks in der Partei. Der Streit eskalierte 2015, als Lucke auf dem Parteitag die Entscheidung suchte und verlor. Mit ihm verließen etwa 2000 Mitglieder die AfD. Luckes Neugründung führt jedoch ein Mauerblümchendasein. Die AfD wurde danach von Frauke Petry und Jörg Meuthen geführt. Während Meuthen den Rechtsruck seiner Partei tolerierte, ging Petry mehr und mehr auf Distanz. Jetzt wird erwartet, dass sie zusammen mit ihrem Mann Marcus Pretzell eine neue Partei gründen wird.
Diskussionen um den richtigen Kurs haben in den Landesparlamenten zu Austritten und Spaltungen geführt. In Baden-Württemberg spaltete sich die AfD-Fraktion zeitweise. Wegen der Kooperation mit Funktionären der rechtsextremen NPD sollte der saarländische Landesverband aufgelöst werden. Dazu ist es genauso wenig gekommen wie zum Ausschluss von Björn Höcke, dem Wortführer des rechtsnationalen Flügels. Jetzt prägen Warnungen vor zu vielen Flüchtlingen und einer drohenden Islamisierung sowie Geschichtsrevisionismus die AfD-Thematik.